Neue Meldungen schweizweit: Kulturprekariat und Stellenmeldepflicht

Im Bericht „Reiche Chefs, arme Tänzerinnen“ im Bund (19. November 2022) werden die Löhne in der Kulturbranche angesprochen. In der Berner Kulturbranche sind erstmals die Jahressaläre von Direktorinnen und Intendanten öffentlich. Die grosse Frage: Sind diese gerechtfertigt?

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Warum die Löhne der Kulturspitze schweizweit nicht öffentlich sind, obwohl die Institutionen Subventionen in Millionenhöhe beziehen, hat laut Salva Leutenegger vom Berufsverband der darstellenden Künste SzeneSchweiz unter anderem politische Gründe. Da die Beiträge an die Kultur von bürgerlicher Seite regelmässig kritisiert werden, seien die Subventionsgeber unter Druck. «Die Löhne werden wohl auch deshalb unter Verschluss gehalten.»

«Branchenüblich» – wer die grossen Kulturinstitutionen in Bern zu den Löhnen ihrer Chefs und Chefinnen befragt, erhält ohne Ausnahme dieses Wort als Antwort. Zusammen mit: «Der Lohn ist angemessen.»

Salva Leutenegger, Verband der darstellenden Künste SzeneSchweiz

Kritik kommt aber häufig nicht bezüglich der höchsten Löhne. Sondern vor allem bezüglich der niedrigsten – und der grösser werdenden Lohnschere. Aktuell betragen die Mindestgagen für Festangestellte bei Bühnen Bern etwa für eine 100-Prozent-Stelle 54’600 Franken.

Vielfach müssen Kulturschaffende aber mit deutlich weniger auskommen: So haben sechs von zehn ein Gesamteinkommen von weniger als 40’000 Franken im Jahr – bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 45 Stunden, so eine Studie. Vielen drohe die Altersarmut. Dafür befragte das Forschungsbüro Ecoplan im Auftrag des Vereins Suisseculture Sociale und der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia rund 10 Prozent aller Kulturschaffenden in der Schweiz. Auffallend wenig, sagt Salva Leutenegger vom Berufsverband der darstellenden Künste, verdienen Tänzerinnen und Tänzer.

Was in der darstellenden Kunst besonders wichtig sei: «Schafft es ein Haus, eine bekannte Person anzustellen, kriegt es nachweislich mehr Publikum, mehr Aufmerksamkeit, mehr Erfolg.»

Salva Leutenegger, Berfusverband der darstellenden Künste SzeneSchweiz

Als Hauptgrund, dass die grossen Häuser verhältnismässig tiefe Mindestlöhne zahlen, werde oft die Höhe der Subventionsbeiträge genannt, so Leutenegger – man müsse mit den Geldern arbeiten, die man erhalte.

Lange waren die Löhne bei den Kulturhäusern unter Verschluss, seit diesem Jahr gelten aber im Kanton Bern neue Richtlinien für öffentlich finanzierte Betriebe: Die Vergütungen in den Chefetagen müssen transparent gemachtwerden. Zu den grossen Institutionen, die diese nun ausweisen, gehören Bühnen Bern (220’000 Franken für Intendant Florian Scholz), das Kunstmuseum Bern mit dem Zentrum Paul Klee (248’000 Franken für Direktorin Nina Zimmer) und das Historische Museum (206’700 Franken für Direktor Thomas Pauli-Gabi).

Fairerweise müsste man alle Löhne und Honorare prüfen, die mit öffentlichen Geldern finanziertwerden. «Es kann nicht sein, dass man die Lohnhöhen in der Kultur beschränkt, aber in den anderen Bereichen keine Limiten setzt.»

Sandra Künzi, Co-Präsidentin von t. Theaterschaffen Schweiz

 

Seit April 2020, meldet SRF (16. November 2022), verteile Suisseculture Sociale Corona-Nothilfen an Künstlerinnen und Künstler – leider endet nun diese Unterstützung.

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Die Trägerin des Sozialfonds des Dachverbands der Schweizer Kulturverbände hat bislang insgesamt 32 Millionen Franken ausbezahlt. Per Ende Jahr ist Schluss damit. Viele Kulturschaffende sehen sich deshalb in einer schwierigen Lage.

Nicht nur die wirtschaftliche Lage ist prekär, sondern auch die psychische.

Nicole Pfister Fetz, Präsidentin von Suisseculture Sociale

Die atypischen Arbeitsverhältnisse der Kulturschaffenden müsse man sich genauer anschauen und prüfen, wie man die Menschen in Zukunft optimal unterstützen könne. Diese Unterstützung muss den komplexen Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche gerecht werden.

 

Ein Drittel der offenen Stellen werde von Firmen gar nicht angezeigt, schreibt die NZZ (16.11.2022). Der Beruf mit der höchsten Arbeitslosenquote in der Schweiz ist derzeit jener des Schauspielers.

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Auf der Liste stehen alle Berufe, die eine Arbeitslosenquote von über 5 Prozent aufweisen. Wenn Firmen Mitarbeitende in einer der aufgelisteten Berufsarten suchen, müssen sie die offenen Stellen einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) melden. Mit der Liste soll das Potenzial derinländischen Arbeitskräfte besser genutzt werden, ohne das Freizügigkeitsabkommen mit der EU zu gefährden. Die Stellenmeldepflicht besteht seit Juli 2018 und ist eine Antwort auf die Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung».

Zur Relevanz der Stellenmeldepflicht für Schauspieler sagt Silvan Gisler, Creative Director des Schauspielhauses Zürich:

Schauspiel ist ein Bereich, wo zum einen über Jahre gewachsene Arbeits- und Vertrauensbeziehungen zwischen Regie und Schauspielerinnen und Schauspielern sehr wichtig sind und zum anderen auch stets sehr spezifische Vorstellungen und damit auch Anforderungsprofile vorhanden sind.

Silvan Gisler, Creative Director des Schauspielhauses Zürich

Schauspieler seien schlecht untereinander ersetzbar, da jede Person ein eigenständiges künstlerisches Profil habe. Insofern sei aus künstlerischer Sicht die Stellenmeldepflicht zwar von geringer Relevanz – aber Teil der Gesetzgebung und des Vorgangs, den es zu respektieren gelte.

 

1 Kommentar
  1. Andreas Berger
    Andreas Berger sagte:

    Es wäre hilfreich, wenn der Link auf den Artikel funktionieren würde. So wie es aussieht, wurde das pdf-file des Artikels gar nicht auf den Server geladen:
    file:///Users/lindach.bill/Downloads/Seiten_22_23_Neue_Z%C3%BCrcher_Zeitung_2022-11-16%20(1).pdf
    Freundliche Grüsse
    Andreas Berger

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