Schweizerisches Theatertreffen mit „transkantonalem“ Anspruch

Letzen Mittwoch bis Sonntag fand das Schweizer Theatertreffen in Fribourg statt, Ensemble hat sich mit  Julie Paucker getroffen. Sie ist seit 2022 als künstlerische Leitung engagiert und hat mit der damaligen Geschäftsleitung die Veranstaltung konzeptuell vorangetrieben. Ein Gespräch über die dringliche Rolle der Mehrsprachigkeit im Theater und Kollaborationen über die Kantonsgrenzen hinweg.

Julie Paucker ist von Haus aus Dramaturgin, sie arbeitete in der Schweiz als auch in Deutschland am Theater Basel, am Deutschen Nationaltheater in Weimar und anderen. Mit ihrer transnationalen Kompanie Kula produziert sie mehrsprachige Stücke, diesem Schwerpunkt widmet sie sich nun auch in der Schweiz. Sie meint: „Sowohl die Ästhetik als auch die Theatervorgänge, -abläufe und -prozesse werden inzwischen international anders gedacht und bergen spezielle Herausforderungen.“ Darauf war die 47-Jährige bestens vorbereitet, sie begreift den Unterschied zwischen den Kantonen als Chance, voneinander zu lernen.

„Sowohl die Ästhetik als auch die Theatervorgänge, -abläufe und -prozesse werden inzwischen international anders gedacht und bergen spezielle Herausforderungen.“

Paucker arbeitete während ihres Studiums bei Migros Kulturprozent und weiss daher, dass die Thematik um die Mehrsprachigkeit die Förderer schon längere Zeit beschäftigt. „Diese Frage lässt einen nicht los, sowohl auf künstlerischer Ebene als auch auf struktureller Ebene. Ein Produktionsprozess ist generell spannender, wenn man mit unterschiedlichen Auffassungen arbeitet». Transnationales, oder eben „transkantonales“ Theater interessiert die gebürtige Zürcherin in vielen Aspekten. Es schärfe den eigenen Blick hinsichtlich dessen, was man aus anderen „Theater-Systemen übernehmen, angleichen und verbessern könne“.

„Diese Frage lässt einen nicht los, sowohl auf künstlerischer Ebene als auch auf struktureller. Ein Produktionsprozess ist generell spannender, wenn man mit unterschiedlichen Auffassungen arbeitet.“

Dies gelte auch für die Schweiz, wo verschiedene Systeme wie kleinere Stadttheater, Häuser von nationaler Ausstrahlung und freie Szene nebeneinander existieren. Dazu komme die Romandie, wo man eher auf das Touring-System mit produzierenden und einladenden Häusern setze. Gerade in den Bereichen „Theater-Markt“, Verkauf und Werbung, wie auch bei der Förderung, könne man viel voneinander lernen. Wegen der Sprachdifferenz stehe die Schweiz modellhaft für Europa oder sogar die Welt – eine riesige Chance also, mit kultureller Diversität umzugehen, sie zu begreifen und sich zu Nutze zu machen. Paucker meint dazu: „Danach ist man auch international fit, denn es sind dieselben Fragen, die sich zwischen unterschiedlichen Ländern stellen!“ Es ist somit auch die Kernmission des Theatertreffens, Theater aus allen Regionen zu versammeln und an ein lokales Publikum heranzutragen, zu wachsen zwischen Landesteilen und Theaterschaffende zusammenzubringen. „Es ist immer ein Erlebnis, zu sehen, wie wenig man sich kennt, obwohl man im selben Business, auf vergleichbarem Niveau, und Bekanntheitsgrad arbeitet. Da kann man etwas bewegen!“, ist Paucker überzeugt.

Es ist somit auch die Kernmission des Theatertreffens, Theater aus allen Regionen zu versammeln und an ein lokales Publikum heranzutragen, zu wachsen zwischen Landesteilen und Theaterschaffende zusammenzubringen.

„Mit dem Titel des Rahmenprogramms „Umbruch, Aufbrauch“, möchte ich ein Zeichen setzen. Besonders wächst die Bewusstheit darüber, dass man sich verbinden kann, gemeinsam über Kultur nachdenken und sich inspirieren lassen.“ Ein weiteres Beispiel für die Stärkung ist die diesjährig neue, kooperative Idee des „Salon d’artistes“, eine Tradition aus der Romandie, bei dem Stücke vor Veranstalter*innen präsentiert werden. Damit wird ein Markt generiert und Interesse geweckt, bevor das Stück überhaupt produziert ist. Ausserdem entstehen daraus Ko-Produktionen und Einladungen, nachdem die Stücke gepitcht wurden.

Die Sélection hat als marktorientierteste Veranstaltung das Potenzial, Künstler*innen auf Tour zu bringen. «Es wird viel produziert und zu wenig gezeigt, obwohl das verdient wäre!».

Paucker entscheidet im Alleingang, welchen Künstler*innen sie eine Plattform geben möchte, sie erhält dafür im Vorfeld Unterstützung von Scouts aus den verschiedenen Regionen. Für die Sélection werden fünf Positionen vergeben, die Shortlist dient dazu, den Künstler*innen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Es besteht das Potenzial, „über die Sprachgrenze“ hinaus eingeladen zu werden, die Sélection hat als marktorientierteste Veranstaltung das Potenzial, Künstler*innen auf Tour zu bringen. Paucker meint: „Es wird viel produziert und zu wenig gezeigt, obwohl das verdient wäre!». Primärer Aspekt sei es, den Spagat zwischen Festival, einem lokalen, plus ein gesamtschweizerisches Publikum zu meistern. „Darunter gibt es ganz unterschiedliche Ansichten und Rezeptionen zu Stücken – Theater-Kosmen und Ästhetiken werden teils anders interpretiert und finden nicht immer bei allen Landesteilen Gefallen. Es müssen also Stücke gefunden werden, die dazu verführen, sich mit Theater der anderen Kantone zu beschäftigen. Sie müssen solide sein, einen ästhetischen Anspruch erfüllen und von ganzem Herzen vertretbar!“ Aus diesem Grund hat man sich auch vom Kuratorium und Jury entfernt, Paucker verleiht der Auswahl ihr Profil, „Ich suche in der Gemengelage passende Stücke“, sagt sie und schmunzelt.

„Darunter gibt es ganz unterschiedliche Ansichten und Rezeptionen zu Stücken, Theater-Kosmen und Ästhetiken werden teils anders interpretiert und finden nicht immer bei allen Landesteilen Gefallen. Es müssen also Stücke gefunden werden, die das können und dazu verführen, sich mit Theater der anderen Kantone zu beschäftigen.“

Die Sélection auf einen Blick

Darunter hat „Ödipus Tyrann„…

überzeugt, es handelt sich um ein Powerplay von zwei Frauen unter der Regie von Nicolas Stemann. «Ich habe Frauen noch nie so spielen sehen – die Tragödie wird mit einem grossen Stadttheatergestus vertreten, die Rollen schauspieltechnisch auf hohem Niveau und mit einem extremen Selbstbewusstsein gespielt – was überzeugt und gleichzeitig berührt.» Mit der Eröffnung möchte Paucker ein Zeichen setzen für die grossartigen schauspielerischen Leistungen und Regiehandschriften.

„EWS“

ist eine deutsch-schweizerische Produktion vom Theater Neumarkt, wie der Titel sagt „- Der einzige Politthriller der Schweiz“, und war bisher immer ausverkauft. „In dieser Produktion versammelt sich vieles, was ich persönlich gerne mag. Es ist gleichsam Revue, musikalische Choreografie und „Marthalerisch“ vom Stil her – schräg und skurill mit einem poetisch-dokumentarischen Boden. Für das Theatertreffen ist das Stück wie gespuckt – die Schweiz behandelt einen Politfall, das passt auf vielen Ebenen gut! Gleichzeitig ist das Stück EWS ein Kind unserer Zeit!“ Ein grosser Anteil der Schauspielerinnen sind Laien. «Expert*innen und Zeug*innen des Alltags sind als Praxis neuerdings beliebt!» Ausserdem tritt mit Lara Stoll eine sehr gute Slam-Poetin auf und rundet das Ganze ab.

„In dieser Produktion versammelt sich vieles, was ich persönlich gerne mag. Es ist gleichsam Revue, musikalische Choreografie und „Marthalerisch“ vom Stil her – schräg und skurill mit einem poetisch-dokumentarischen Boden. Für das Theatertreffen ist das Stück wie gespuckt – die Schweiz behandelt einen Politfall, das passt auf vielen Ebenen gut! Gleichzeitig ist das Stück EWS ein Kind unserer Zeit!“

„The Game of Nibelungen“…

findet in Klassenzimmer statt, Paucker sagt dazu: «das Stück ist aber nicht für Kinder – das ist schon der Witz». Laura Gambarini erteilt eine Deutschlektion vor einem vorwiegend frankophonen Publikum, «eine grosse Komödie in a Nutshell – das muss man nicht weiter begründen, es geht um den Röstigraben und die schlechte Sprachkompetenz der Romands».

Bei „Le relazione pericolose“

ist die italienische Version des französischen Briefromans «Gefährliche Liebschaften», Künstlerische Leitung hat der Direktor des Theaters, Carmelo Rifici, übernommen. Paucker erklärt: «Er hat mit verschiedenen Texten gearbeitet, um die philosophische Auseinandersetzung mit Macht, Liebe, Kampf und Krieg anhand der Hauptfiguren durchzuspielen – idealer Stoff für die Kriegsführung in der Erotik!» Es handelt sich um eine aussergewöhnlich schöne, installative Bühnengeschichte, mit einfachen theatralen Mitteln werden grosse Bilder erzeugt. «Ich wollte unbedingt eine grosse Bühnenproduktion aus der italienischen Sprache ans Theatertreffen bringen, wo im Tessin vorwiegend kleinere erarbeitet werden – oder Abgänger*innen der Scuola Dimitri, deren Produktionen eher verspieltere Formen annehmen. Italienisch ist ausserdem eine grossartige Bühnensprache!»

„Bias aller retour“ …

– «das Vorurteil» ist eine Familienposition, die sich an junge Leute richtet, aber auch für Erwachsene unterhaltsam ist. Das Théâtre Am Stam Gram ist berühmt für Familien- und Kinderproduktionen, das grosse Ensemble erzählt eigene Geschichte über die Problematik des Alterns der Grossmutter. Aber das Besondere an der Produktion ist der politische Horizont, „das Stück hat gleichzeitig eine humorvolle Ebene und ist spektakulär auf technischem Niveau- es ist etwas los! Es geht um die Themen Tod, Armut und was Fantasie bewegen kann.“ 

Das Stück „Rendez-vous„…

stammt direkt von Eugénie Rebetez, die, in der Deutschschweiz noch kaum bekannt, in der Romandie ein gefeierter Star ist. Sie arbeitet primär mit Künstler*innen, die nicht aus ihrem Metier kommen – genau diese Begegnungen sucht sie auf der Bühne. Dies passiert physisch wie musikalisch, über Bewegung, und ist in jedem Fall sehr unterschiedlich. «Es hat mit den Realitäten zu tun, die diese Personen mitbringen. Das Resultat ist sehr zart und berührend, und trägt den Charme ihrer Person, aber auch eine gewisse Bescheidenheit, da Rebetez wirklich das Verborgenen sucht, was zwischen ihr und den Künstler*innen liegt. Es wirkt repräsentativ für den Wunsch nach dem Erfahren andere Realitäten.“, erzählt Paucker.

„Ich hoffe sehr auf Folgeeinladungen, denn dies ist sehr dringlich. Es handelt sich um eine Koproduktion, das un-schweizerischste und schweizerischste Stück gleichzeitig – die Thematik ist schweizerisch, das Ensemble international.“

„The Ghosts Are Returning“

wird von einem deutsch-schweizerisch-kongolesischem Ensemble gespielt, die Leute müssen extra hierfür engagiert werden. Bisher wurde das Stück erst in der Kaserne Basel mit grossem Erfolg aber vor wenig Publikum gespielt. «Ich hoffe sehr auf Folgeeinladungen, denn dies ist sehr dringlich. Es handelt sich um eine Koproduktion, das un-schweizerischste und schweizerischste Stück gleichzeitig – die Thematik ist schweizerisch, das Ensemble international.» Paucker freut besonders die Mehrsprachigkeit, die Sprachen aus dem Kongo, die Musik, der Sprechgesang – ein grosses Konzert mit dokumentarischem Inhalt. Es dreht sich um das Verhalten der Schweiz in Kolonialzeiten, Paucker erklärt: «Im Fokus stehen traditionelle Trauerrituale, welche aufgrund von Grabschändungen zelebriert wurden. Es geht um den Ernst des Themas und die Restituierungs-Debatte. Aber auch um die längerfristigen Folgen von Kolonialismus und Ausbeutung. Zusätzlich ist während der Produktionszeit ein Ensemblemitglied gestorben und damit spielt eine persönliche Trauer mit in den Abend, was man spürt und auch explizit erwähnt wird. Und dennoch erlebt man einen schönen, lustvollen und musikalischen Theaterabend mit einem moralischen, aber nicht belehrenden Apell, der sich nicht zu ernst nimmt und sehr leicht und versöhnlich wirkt.“

„Deshalb auch die Klammern „Umbruch“ – Sachen sind nicht mehr gewiss – und „Aufbruch“ mit einer positiven Note, und dem Ziel, eine Umfunktionierung vom einen zum andern herbeizuführen.“

Für die künstlerische Leiterin des Schweizer Theatertreffen Julie Paucker steht die aufwühlende Zeit, in der wir leben, sinnbildlich dafür, dass Gewohnheiten und Gewissheiten auch in der Schweiz sich verändern und sogar wegbrechen können. Sie sagt: „Wir haben hier eine sehr privilegierte Lage, es stellt sich oft die Frage, wie es weiter geht, wie sich das System verändert, und wie man die positiven Veränderungen nutzen kann. Deshalb auch die Klammern „Umbruch“ – Sachen sind nicht mehr gewiss – und „Aufbruch“ mit einer positiven Note, und dem Ziel, eine Umfunktionierung vom einen zum andern herbeizuführen. Das hat viel mit den Stücken zu tun, die absichtlich nicht nach einer Thematik ausgewählt sind, jedoch der Realität für uns alle entsprechen, dass Dinge auseinanderbrechen! Die Kooperation mit „Tasty Future“ rundet das Programm ab den Anspruch, Dinge zum Positiven verändern zu können, darunter einen Umbruch in den Medien herbeizuführen, Richtlöhne im Markt zu setzen und das allgemeine Prekariat unter den Künstler*innen zu vermindern.“

 

 

„Existenzen sind bedroht, Arbeitsplätze gehen verloren“

Die beiden Kleintheater Keller62 und STOK verlieren voraussichtlich ihre städtische Kulturförderung. Das kann das Ende für diese Bühnen bedeuten. ENSEMBLE Magazin im Gespräch mit dem Leiter des Keller62, Lubosch Held-Hrdina. Er ist neben seiner leitenden Funktion am Theater auch als Regisseur, Autor, Übersetzer, Coach, Workshopleiter und Trainer tätig und setzt sich gezielt für den Erhalt der beiden Spielorte ein. Held-Hrdina ist davon überzeugt, dass genau solche Kleinsttheater den eigentlichen Charme der Stadt Zürich ausmachen.

Bilder: zvg Theater Keller62

Einführend das Statement von Salva Leutenegger, Geschäftsführerin von SzeneSchweiz (Verband Darstellende Künste):

„Als Berufsverband der Darstellenden Künstler*innen bedauern wir den Entscheid der Stadt Zürich, zwei Kleintheatern (Stok und Keller62) die Subventionen zu streichen. Mit diesem Entscheid baut die Stadt Arbeitsplätze für professionelle Künstler*innen ab, welche schon in prekären Verhältnissen leben müssen. Mit dem neuen Programm Konzeptförderung Tanz und Theater führt die Stadt einen ungesunden Wettbewerb unter Theaterhäusern ein, der letztlich zu Lasten der Theaterschaffenden und des Publikums geht. Corinne Mauch beklagt im Artikel „Zürcher Kultur-Subventionen – Für den Keller62 und das Theater Stok wird es eng“ im Tages-Anzeiger vom 18.04. die mangelnde Vielfalt der betroffenen Theater. Aber gleichzeitig wird mit der Streichung der Subventionen die Vielfalt der Kleinkunst vernichtet. Am Ende gibt es nur Verlierer.“

Interview

 

Ensemble Magazin: Wie sah die bisherige Situation des Theaters aus und was hat sich geändert?

Lubosch Held-Hrdina: Seit mehreren Jahrzehnten leisten die beiden kleinsten Zürcher Theater, Keller62 und STOK, grosse und engagierte Arbeit im Bereich Sprech- und Tanztheater. Sie haben sich ein Publikum erspielt, ohne jegliche Unterstützung begonnen, dann eine erste öffentliche Unterstützung bekommen, bis die Kontinuität und die Qualität ihrer Arbeit schliesslich in Form von (zunächst sehr kleinen) Subventionsbeiträgen gewürdigt wurde. Die Qualität ihrer Arbeit wurde stets geprüft und für unterstützungswürdig befunden.

Nun haben die Stadt Zürich und Frau Corine Mauch entschieden, sie ab 2025 nicht mehr unterstützen zu wollen. Laut Stadtrat tragen die beiden Theater und ihre Konzepte zu wenig zur Vielfalt des kulturellen Angebots, zur Innovation und zur Vernetzung der Tanz- und Theaterlandschaft bei. Man stuft die Bedeutung der beiden Theater für die Gesamtlandschaft als zu wenig dringlich und überzeugend ein.

Was bedeuten die Veränderungen spezifisch für euch und was ist daran ungerecht?

Wir sind schockiert. Existenzen sind bedroht, Arbeitsplätze gehen verloren, auch die Tradition scheint nicht viel zu zählen. Von dem ganzen Herzblut gar nicht zu reden.

Was, denken Sie, passiert mit dem Publikum?

Es ist ein Trugschluss, zu denken, dass sich das Publikum auf andere Häuser umlenken lässt. Und: Wenn diese zwei traditionsreichen „Kleinsthäuser“ wirklich zugehen sollten, würden die Theaterschaffenden zwei Spielorte verlieren, die für sie ebenfalls existenziell sind. Es bereitet mir grosse Sorgen, wo die Betroffenen in Zukunft ihrer Arbeit nachgehen sollen. Der Keller62 decke eine Nische ab, die alle anderen geförderten Theater nicht bespielen — all die Produktionen, die von den stark durchprogrammierten, beziehungsweise kuratierten Häusern nicht berücksichtigt werden können, finden hier eine Bühne.

Es werden Existenzen bedroht, Arbeitsplätze gehen verloren, auch die Tradition scheint nicht viel zu zählen.

Hier spielen besonders der Nachwuchs eine Rolle, als auch Theaterschaffende, die im „normalen“ Theaterbetrieb oftmals keinen Stand mehr finden, weil sie beispielsweise zu alt sind. Der Keller62 kann somit als Schnittpunkt in der Kulturlandschaft verstanden werden und erzeut eine unheimlich wertvolle Energie und Kreativität. Das merkt auch das Publikum, welches gerne solche Kleinode besucht, auch weil sie fern von jeglichem Schickschnack sind, und das pure Herz ist hier zum Greifen nah ist. Intimer geht es kaum. Konkret und ohne Emotion lässt sich die Situation so zusammenfassen: In den beiden Kleintheatern finden pro Saison zusammengerechnet etwa 280 Aufführungen mit allen Konsequenzen (Arbeitsplatz, Spielort, Publikum, Kurse, etc.) statt. Es stellt sich für mich die dringliche Frage, wie die Zukunft der beiden Kleintheater aussieht.

Der Keller62 kann somit als Schnittpunkt in der Kulturlandschaft verstanden werden und erzeut eine unheimlich wertvolle Energie und Kreativität.

Was zeichnet den Keller62 desweiteren als Spielstätte im Hinblick auf die Kulturlandschaft in Zürich aus?

Der Keller62 ist zudem auch eine zuverlässige Anlaufstelle für auswärtige Gastspiele. Zum Beispiel die Bündner Theaterschaffenden, die ihre Stücke auch in Zürich zeigen wollen. Es gibt auch regelmässige Kontakte zum Rätoromanischen, oder ins Tessin, Freiburg, Berlin, und Prag. Zudem gibt es  zwei Festivals, wo die verschiedenen Sprachen sich kreuzen. Ich frage mich, wo all diese Projekte nun gespielt werden sollen? Was passiert mit dem Publikum, das all diese Stücke sehen will? Und eben, die Newcomer und „Oldcomer“, die sich gegenseitig in ihrem Schaffen befruchten. Wir fördern neue Gruppen, haben auch einen speziellen Kanal dafür, wir wollen das Theater ins Leben bringen. Wir machen Workshops. All das stärkt die Diversität und Teilhabe ungemein. Soll das alles verschwinden?

Wir fördern neue Gruppen, haben auch einen speziellen Kanal dafür, wir wollen das Theater ins Leben bringen. Wir machen Workshops. All das stärkt die Diversität und Teilhabe ungemein.

Die Absurdität der Entscheidung wird einem bewusst, wenn man aus der stadträtlichen Begründung erfährt, was die Jury empfieht. Sie möchte den Keller62 und das Theater STOK als Spielorte für die Freie Szene aufrecht erhalten. Diese Orte würden benötigt, weil der Bedarf an geeigneten Räumlichkeiten in der Zürcher Tanz- und Theaterlandschaft gross ist und deswegen ihre Schliessung für die Gesamtlandschaft und ihre potenzielle Vielfalt nicht förderlich wäre. Was ja auch stimmt, die Not an Spielorten ist gross, gerade nach Corona. Aber gleichzeitig wird uns die Subvention gestrichen? Wie geht das zusammen?

Wie begründet die Jury diesen Entscheid?

Den beiden Häusern würde es an Vielfalt und Vernetzung fehlen, meint die Jury des Stadtrats. Der Keller62 würde zu wenig zur Vielfalt des Angebots, zur Innovation und zur Vernetzung der Tanz- und Theaterlandschaft beitragen. Beim STOK wird ein ähnliches Urteil gefällt – was beides befremdlich ist.

Das neue Förderungsmodell hinterlässt viele Fragen und viele unschöne Baustellen, auch bei den Institutionen, die weiterhin gefördert werden sollen.

Wie fallen die Reaktionen darauf aus?

Wie man hört, herrscht nach diesen Entscheiden fast in der ganzen Szene ein Erwachen. Das neue Förderungsmodell hinterlässt viele Fragen und viele unschöne Baustellen, auch bei den Institutionen, die weiterhin gefördert werden sollen. Denn auch bei ihnen decken sich Versprechungen und Erwartungen nicht mit dem Resultat. Ich finde folgenden Umstand bemerkenswert: Am Anfang der neuen Förderung vor 7 Jahren vergab die Stadt Zürich einen grossen Auftrag an eine externe Firma, die „Integrated Consulting Group“ aus Graz, Österreich. Sie sollte für viel Geld die gesamte Theaterlandschaft auf Herz und Nieren prüfen. Dies tat sie auch. Das Resultat war eigentlich sehr erfreulich, denn die Befürchtung, es gäbe ein Überangebot bestätigte sich überhaupt nicht. Im Gegenteil, es bescheinigte Zürich einen guten Wachstum und eine gesunde, diverse und gut entwickelte Theaterszene. Warum hat sich der Stadtrat nicht daran orientiert und streicht nun ausgerechnet den zwei kleinsten, schwächsten und billigsten Kleintheatern die Subvention? Was ist der Sinn und die Logik? So viel Theater für so wenig Geld liefert sonst keine andere Bühne der Stadt.

Nicht nur die Vielfalt von Inhalt, Häusern, Gruppen und Publikum wird durch die neue städtische Förderung beschnitten, sondern es wird auch die Entwicklung der ganzen Theaterlandschaft erheblich erschwert, bis verhindert.

Was könnten mögliche Konsequenzen darauf sein?

Bei der nächsten Subventionsvergabe wird wohl wieder ein Theater gestrichen werden, denn dies ist das Prinzip des neuen Fördermodells – der Wettbewerb an sich. Aber darf man Kunst überhaupt in einen existentiellen Wettbewerb schicken? In Zukunft wird jede Weiterentwicklung eines Hauses nur auf Kosten eines anderen Theaters möglich sein. Das soll Fortschritt und Innovation sein? Nicht nur die Vielfalt von Inhalt, Häusern, Gruppen und Publikum wird durch die neue städtische Förderung beschnitten, sondern es wird auch die Entwicklung der ganzen Theaterlandschaft erheblich erschwert, bis verhindert.

Die positive Energie, die dieses aussergewöhnliche Theater besitzt, ist einmalig. Dieser mauersteinige Keller hat uns, und vielen anderen, so viel gegeben, jetzt ist es an der Zeit, ihm etwas zurückzugeben.

Wie sieht die mögliche Zukunftsplanung aus und/oder was sind Lösungsansätze für die bestehende Problematik?

Ich denke, (auch wenn ich jetzt nur für den Keller62 spreche, weil die Situation im STOK noch viel komplizierter ist,) der Keller62 wird auch diese Katastrophe umschiffen und oder lösen können. Die positive Energie, die dieses aussergewöhnliche Theater besitzt, ist einmalig. Dieser mauersteinige Keller hat uns, und vielen anderen, so viel gegeben, jetzt ist es an der Zeit, ihm etwas zurückzugeben. Wir kämpfen, damit er am Leben bleibt! Auch weil so viel daran hängt. Nicht nur Einzelschicksale mit Kindern und Familien, sondern auch ganze Entwicklungen. Es ist klar, ein Theater ohne eine Subvention zu betreiben ist praktisch unmöglich. Aber wir werden versuchen, auch mit der Stadt Zürich, eine andere, oder neue Lösung zu finden. Und wir werden sofort mit dem Aufbau einer Lobby beginnen. Diese beiden Theater müssen erhalten bleiben, da sind wir uns ja mit der Jury einig. Auch die enorme Solidarität ist gut spürbar. Und wird immer stärker. Gleich nach der Bekanntmachung haben sich die ersten Menschen gemeldet, die uns helfen wollen. Leider war bisher kein Grossgönner dabei – dann wären wir unabhängig.

Was ist sonst noch geplant im Rahmen aktivistischer Arbeit?

Wir werden zudem eine Kampagne starten. Und in neue Richtungen denken, beispielsweise die Grossen für die Kleinen begeistern. Neue Szenarien entwickeln. Aber selbst dann wird es knapp, eine echte Zukunft ohne Subvention ist kaum möglich. Kein Theater der Welt kann das stemmen. Aber eine Subvention ist relativ. Wir sprechen da von etwa 300 Subventionsfranken pro Vorstellung, mit denen die beiden Kleinstbühnen im Schnitt und pro Vorstellung von der Stadt bisher unterstützt wurden. Für den Vergleich, beim grössten Zürcher Theater sind es etwa 78 000.- Franken und bei den übrigen kleinen Häusern beträgt dieser Mittelwert etwa 3 500.- Subventionsfranken pro Vorstellung. Wo ist die Logik? Der Keller62 und das STOK bekommen im Schnitt 300 Subventionsfranken pro Vorstellung. Die Stadt Zürich möchte nun dieses Geld für sich gewinnen. Und verliert dabei so viel.

Also lautet mein Wunsch an die Politik, bitte züchten sie keine kulturellen Hochleistungsbetriebe, die einander immer ähnlicher werden. Richten sie Ihren Blick nicht nur an die Spitze und ihre Topleistungen, folgen Sie nicht nur dem Glanz. Jede Pyramide braucht ein gutes Fundament. Unterstützen sie die Basis, die kleinen und kleinsten Spielorte der Kunst, des Theaters. Denn sie sind es, die Ihnen aus tiefster Überzeugung die späteren Erfolge bringen, die nach ganz Europa strahlen.

Wie sehen eure Wünsche seitens Politik aus?

Die Kreativität, aber auch die Leistung, entsteht an der Basis. Also lautet mein Wunsch an die Politik, bitte züchten sie keine kulturellen Hochleistungsbetriebe, die einander immer ähnlicher werden. Richten sie Ihren Blick nicht nur an die Spitze und ihre Topleistungen, folgen Sie nicht nur dem Glanz. Jede Pyramide braucht ein gutes Fundament. Unterstützen sie die Basis, die kleinen und kleinsten Spielorte der Kunst, des Theaters. Denn sie sind es, die Ihnen aus tiefster Überzeugung die späteren Erfolge bringen, die nach ganz Europa strahlen. Viel Mondänes und Übersattes zeigt Zürich der Welt – aber sind es nicht Orte wie der Keller62, die den wahren Zauber dieser Stadt ausmachen? Schenken Sie dem Keller62 und dem Theater STOK Ihr Herz.

Die Stadt Zürich spart durch die Streichung der beiden Subventionen Sfr. 83 500.- jährlich ein und verzichtet dafür auf zwei dringend benötigte, etablierte Spielorte mit durchschnittlichen 279 Vorstellungen und 86 Produktionen pro Jahr. Die Vorstellungen im Keller62 und im Theater STOK werden von der Stadt Zürich zusammengerechnet mit Sfr. 299 pro Vorstellung subventioniert. Durchschnittlich werden die übrigen Zürcher Kleintheater mit Sfr. 3 476.- pro Vorstellung subventioniert, das Schauspielhaus mit Sfr. 78 000. (Quelle hier)

Theater Keller62 

  • Seit 1999 fanden hier 1086 Produktionen mit 2890 Vorstellungen statt.
  • Das sind im Schnitt 45 Produktionen und 121 Vorstellungen pro Jahr.
  • Weiter veranstaltete Keller62 zusätzlich an die 35 Workshops. Sie wurden von über 220 Menschen in insgesamt 26 400 Stunden besucht.
  • Der interne Proberaum wird kostengünstig der Freien Szene zur Verfügung gestellt.
  • Der Keller62 hat eine Selbstfinanzierungsquote von über 70%. Die Auslastung beträgt 71,3 %.
  • Jährliche Gesamteinnahmen/Ausgaben Verein Keller62: ca. Sfr. 180 000.-
  • Das Theater wird mit einem städtischen Beitrag von Sfr. 50 000.- unterstützt.

Theater STOK

  • In den letzten 10 Jahren fanden hier 403 Produktionen mit 1584 Vorstellungen statt.
  • Das sind im Schnitt 40 Produktionen und 158 Vorstellungen pro Jahr.
  • Das Theater STOK hat eine Selbstfinanzierungsquote von über 75%. Die Auslastung beträgt 75,0 %.
  • Jährliche Gesamteinnahmen/Ausgaben Verein STOK: ca. Sfr. 180 000.-
  • Das Theater wird mit einem städtischen Beitrag von Sfr. 33 500.- unterstützt (exkl. Miete)

 

D | F | I Intimitätskoordination – ein Berufszweig auf der Überholspur

F et I ci-dessous | F e I di seguito

Gemäss der ersten zertifizierten Intimacy Coordinator Julia Effertz, unterstützt diese Berufsfeld den Entstehungs-Prozess intimer Szenen von der Vorbereitung, über den Dreh bis hin zur Post-Produktion.

Die Regie wird bei der Umsetzung ihrer kreativen Vision massgeblich durch den Intimacy Coordinator unterstützt und diese*r stellt sicher, dass Inhalte einvernehmlich entstehen und die Grenzen der Schauspieler*innen respektiert werden. Produktionen die mit Intimacy Coordination arbeiten verstehen die spezielle Schwierigkeit intimer Szenen und tragen Fürsorge für Cast und Crew.

Die Redaktion von Ensemble Magazin hat einen Medienspiegel für Sie zusammengestellt, der das Berufsfeld eingehender behandelt.

„Intimität fängt schon bei Kussszenen an. Jeder Kuss erzählt eine andere Geschichte, ist eine intime Berührung. Was auch sehr intim sein kann, ist eine Szene, in der eine Schauspielerin eine gebärende Frau spielt. Das ist mitunter sehr exponierend für die Schauspielerin.“

Julia Effertz, deutsche Intimitätskoordinatorin im Interview mit Edition F

Julia Effertz ist Schauspielerin und Intimitätskoordinatorin – im Interview mit Edition F spricht sie über diesen neuen Berufszweig, warum er so wichtig für die Filmbranche ist und wozu beispielsweise Genitaltaschen genutzt werden. Effertz sorgt bei den Probesituationen dafür, dass die Grenzen von Schauspieler*innen beim Drehen intimer Szenen eingehalten werden und erklärt im Interview, wo die Schwierigkeiten hierfür liegen. Ein kleiner Auszug:

Wie bei jeder intimen Szene arbeite ich mit der Schauspielerin körperlich, stimmlich und emotional. Das Ziel ist auch hier, daß ihr privater Körper geschützt ist und sie mit ihrem Körper die Rolle und ihre Geschichte erzählen kann. Ich sorge dafür, wie auch bei anderen intimen Szenen, dass es der Schauspielerin am Set gut geht, dass sie etwa zwischen den Takes nicht entblößt daliegt, sondern dass ihr sofort nach dem ‘Danke’ der Bademantel gereicht wird. Im Idealfall sollte auch hier  ein ,Closed Set’-Protokoll mit minimaler Crew eingehalten werden.

und

„Ein choreografisches Hilfsmittel ist das ,Anchoring’, also die Bewegung über ,Anker’ anderer Körperstellen. Das kann man sich zum Beispiel so vorstellen: klassische Missionarsstellung, der Mann liegt über der Frau. Die Genitalbereiche berühren sich hierbei nicht, sondern der Schauspieler ankert seinen Oberschenkel an dem seiner Szenenpartnerin. Stoßbewegungen können dann über diese Ankerstelle ausgeführt werden. Je nachdem wie viel Nacktheit vereinbart ist, wird mit verschiedenen Kostümen gearbeitet. Das wären hautfarbene Slips oder sogenannte Genitaltaschen für Männer, in denen sie alles gut verpacken können.“

Es erschien ein weiterer Artikel über die Arbeit von Julia Effertz mit dem Titel „Ich bin nicht die Sexpolizei“ im Onlinemagazin ze.tt.

Einen kurzen Einblick in die Thematik gewährt das Format „100 Sekunden“ von SRF als Podcast. Er greift das Prinzip der fünf C’s auf, das auf den Punkt bringt, wie eine Intime Szene aufgebaut sein muss.

Mein privater Körper war durch die Intimitätskoordination völlig geschützt, mein Schauspielkörper füllte die Rolle ganz aus. Da habe ich verstanden: die Intimitätskoordination funktioniert. Sie sichert mich nicht nur ab, sie eröffnet mir auch absolute künstlerische Freiheiten.“

Julia Effertz

Eine weitere wichtige Intimitätskoordinatorin ist die junge Kalifornierin Amanda Blumenthal, die in den USA und Grossbritannien «Euphoria», «The L-Word» und «The Affair» begleitet. Sie sei als Sex- und Beziehungscoach tätig gewesen, als sie von der Stellenanzeige bei HBO hörte, erklärt sie im Interview mit der Annabelle.

Im Interview antwortet sie auf die Frage, ob sie viele Geschichten von Missbrauch am Set höre, folgendermassen:

„Allerdings, und es sind manchmal sehr extreme Geschichten: Von Regisseuren, die alle nachhause schicken, um ungestört die Hauptdarstellerin vergewaltigen zu können. Von Schauspielern, die während des Drehs backstage Sex haben. Von verbalen Entgleisungen nach dem Motto «Zeig mir deine Titten». Der Böse ist nicht immer der Regisseur, Übergriffe finden auch zwischen Setmitarbeitern oder Schauspielerkollegen statt.

Blumenthal spricht ausserdem darüber, dass auch das Erleben des Aggressors bei einer gewaltsamen Sexszene verstärkt thematisiert und mentoriert werden müsse, wie auch alle anderen Beteiligten, die dem Dreh beiwohnen und von den psychischen Herausforderungen einer solchen Szene betroffen sind.

Seit #MeToo herrscht unter den Männern grosse Nervosität. Viele haben Angst, sich falsch zu benehmen. Sie erkennen meist, dass wir dazu da sind, ihnen unangenehme Diskussionen abzunehmen, zu klären, wer sich wo anfassen darf und wie genau man sich küsst. Es verleiht Sicherheit, so eine vermittelnde, neutrale Person mit an Bord zu haben.

Amanda Blumenthal im Interview mit  Annabelle

Auf ihrer eigens für die Thematik kreierten Website „Intimacy professionals association“ teilt sie als führende internationale Organisation ihr Wissen mit Interessierten. Darunter ist eine Auflistung zu den wichtigsten Dienstleistungen eines Intimacy Coordinators zu finden:

  • Erleichterung des Dialogs zwischen den Schauspielern und dem Regisseur über ihr Wohlbefinden in Bezug auf den intimen Inhalt einer Szene
  • Emotionale Vorbereitung der Schauspieler auf intensive Intimitätsszenen, wie z. B. simulierte sexuelle Übergriffe, und Unterstützung während des gesamten Prozesses sowie emotionale Nachbetreuung, falls erforderlich
  • Sicherstellen, dass während des Drehs einer Szene die Grenzen der Schauspieler nicht überschritten werden und dass sie während des gesamten Drehs sowohl körperlich als auch emotional sicher bleiben
  • Bereitstellung einer sicheren Umgebung, in der die Schauspieler ihre Arbeit verrichten können
  • Sicherstellen, dass die Richtlinien für geschlossene Sets und SAG-Nacktheit eingehalten werden
  • Als Fürsprecher und Verbündeter für LGBTQIA+-Darsteller am Set fungieren
  • Choreografieren von simulierten Sexszenen, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen
  • Koordination mit Abteilungen wie Kostümen und Make-up, um sicherzustellen, dass die Schauspieler mit angemessener Nacktheitskleidung, Barrieren und Prothesen ausgestattet sind

Weitere statistische Informationen, als auch weiterführende Informationen zur Ausbildungsmöglichkeit in Deutschland, erteilt das „kmbk“ – Beratung und Netzwerk für Künstler*innen, Kreative, Kultur- und Medienschaffende aus München.

In Wirklichkeit ist gar nichts spontan oder sexy. Sexszenen sind harte Arbeit, physisch und psychisch.

Amanda Blumenthal


La coordination de l’intimité – une profession en plein essor

Selon la première coordinatrice de l’intimité certifiée, Julia Effertz, la coordination de l’intimité est une profession en pleine évolution : ce domaine professionnel gère le processus de création de scènes de sexe intimes et dénudées, de la préparation à la post-production en passant par le tournage.

La direction est assurée par le coordinateur de l’intimité qui réalise sa vision créative et veille à ce que le contenu soit développé de manière consensuelle et que les limites des acteurs soient respectées. Les productions qui travaillent avec le coordinateur de l’intimité comprennent la difficulté spécifique des scènes intimes et prennent soin de la distribution et de l’équipe.

La rédaction du magazine Ensemble a réalisé pour vous une revue de presse qui explique plus en détail les ficelles du métier.

„L’intimité commence avec les scènes de baisers. Chaque baiser raconte une histoire différente, c’est un toucher intime. Même une scène dans laquelle une actrice joue une femme qui accouche peut être très intime. Cela expose parfois beaucoup l’actrice“.

Julia Effertz, coordinatrice allemande de l’intimité dans un entretien avec Edition F

Dans une interview accordée à Edition F., l’actrice allemande et coordinatrice d’Intimité, Julia Effertz, parle des spécificités de ce nouveau métier, expliquant l’importance de cette nouvelle figure pour l’industrie cinématographique et “ l’introduction de vêtements spécifiques comme les jockstraps, par exemple „. En situation de répétition, Julia Effertz veille à ce que les limites des acteurs* soient respectées lors du tournage de scènes intimes et explique quelles difficultés, le cas échéant, les acteurs rencontrent et comment elle parvient à les mettre à l’aise:

Pour chaque scène intime, je travaille avec l’actrice d’un point de vue physique, vocal et émotionnel. L’objectif est également de protéger l’intimité du corps et de pouvoir raconter le rôle et l’histoire à travers le corps. Je m’assure que l’actrice soit à l’aise sur le plateau, qu’elle ne soit pas exposée entre les prises, qu’on lui présente son peignoir au plus vite, immédiatement après le „coupé“. Idéalement, j’essaie également de faire respecter un protocole en „plateau fermé“ c’est-à-dire avec une équipe réduite.

Il existe également un dispositif chorégraphique appelé „ancrage“, qui permet d’éviter au maximum le contact entre les acteurs pendant une scène de sexe. Prenons l’exemple classique de la position du missionnaire: l’homme est allongé sur la femme. Les zones génitales ne se touchent pas car l’acteur ancre sa cuisse à celle de sa partenaire. Les mouvements de va et vient peuvent donc être effectués sur ce point d’ancrage sans aucun autre contact, et les mouvements paraîtront tout à fait naturels. En fonction de la quantité de nudité convenue dans les scènes du film, des vêtements spécifiques sont utilisés. Des slips de couleur chair aux „jock straps“ pour hommes, également utilisés par les danseurs, protégeront les acteurs de tout contact.

Dans un autre article intitulé „Je ne suis pas la police du sexe“, publié dans le magazine en ligne ze.tt. et disponible dans „100 secondes“ en podcast de la SRF, Julia Effertz explique selon le principe des cinq C, qui vient du cœur, comment une scène intime doit être structurée. Elle dit de sa propre expérience:

„Mon corps privé était complètement protégé par la coordination de l’intimité, mon corps d’actrice était par conséquent totalement libre de jouer le rôle : c’est là que j’ai réalisé que la coordination de l’intimité fonctionnait. Cela m’a non seulement sécurisée, mais cela m’a aussi permis une liberté artistique absolue“.

Julia Effertz

Une autre coordinatrice importante d’Intimacy comme la jeune Californienne Amanda Blumenthal, qui a accompagné les films „Euphoria“, „The L-Word“ et „The Affair“ aux États-Unis et au Royaume-Uni nous explique dans une interview accordée à Annabelle qu’elle travaillait comme coach sexuel et relationnel lorsqu’elle a entendu parler de l’offre d’emploi de HBO.

Lorsqu’on lui demande si elle entend beaucoup d’histoires d’abus sur les plateaux, elle répond:

„Absolument, et parfois ce sont des histoires très extrêmes: des réalisateurs qui renvoient tout le monde chez eux pour pouvoir violer l’actrice principale sans être dérangés. D’autres histoires d’acteurs faisant l’amour dans les coulisses pendant le tournage. Des dérapages verbaux comme „montre-moi tes seins“. Le méchant n’est pas toujours le réalisateur, les agressions se produisent également entre le personnel de plateau ou les collègues acteurs„.

Blumenthal parle également de la nécessité d’aborder et de guider l’expérience de l’agresseur dans une scène de sexe violent, ainsi que de toutes les personnes impliquées dans le tournage qui sont affectées par les défis psychologiques de ce genre de scène.

Après #MeToo, il y a une grande nervosité chez les hommes. Beaucoup ont peur de mal se comporter. Ils réalisent généralement que nous sommes là pour les soulager leur éviter des discussions gênantes, pour clarifier qui est autorisé à toucher où et comment embrasser exactement. Le fait d’avoir une personne neutre et médiatrice de référence donne un sentiment de sécurité.

Dans l’interview, Amanda Blumenthal expose les lignes directrices et en tant qu’organisatrice internationale de premier plan, elle partage ses connaissances avec les parties intéressées sur le site web de l’Intimacy Professionals Association, qui a été créé spécifiquement pour informer sur le sujet. Elle fournit également une liste des services les plus importants qu’un coordinateur de l’intimité peut offrir:

  • Faciliter le dialogue entre les acteurs et le réalisateur sur leur bien-être par rapport au contenu intime d’une scène.
  • Préparer émotionnellement les acteurs à des scènes d’intimité intense, comme la simulation d’une agression sexuelle, et les soutenir tout au long du processus, ainsi que leur fournir une assistance émotionnelle comme suivi si nécessaire.
  • Veiller à ce que, pendant le tournage d’une scène, les limites des acteurs ne soient pas dépassées et qu’ils restent en sécurité physique et émotionnelle tout au long du tournage.
  • Fournir un environnement sûr dans lequel les acteurs peuvent effectuer leur travail.
  • Veiller au respect des directives relatives aux plateaux fermés, aux équipes restreintes et à la nudité.
  • Agir en tant que défenseur et allié des acteurs LGBTQIA+ sur le plateau.
  • Chorégraphier des scènes de sexe simulées pour renforcer la crédibilité.
  • Collaborer avec les équipes aux costumes et au maquillage pour s’assurer que les acteurs sont équipés de vêtements nus, de barrières et de prothèses appropriés.

Des informations statistiques supplémentaires et des informations plus détaillées sur les possibilités de formation en Allemagne sont disponibles sur „kmbk“ – conseil et réseau pour les artistes, les créateurs, les professionnels de la culture et des médias à Munich.

En réalité, rien n’est spontané, rien n’est sexy. Les scènes de sexe sont un travail difficile, physiquement et mentalement“,

prévient Amanda Blumenthal, et le respect est effectivement primordial.


Il coordinamento dell’intimità: una professione in rapida evoluzione

Secondo la prima figura certificata di Intimacy Coordinator, Julia Effertz, il coordinamento dell’intimità è una professione in rapida evoluzione: questo settore professionale gestisce il processo di creazione di scene intime, di nudo, di sesso dalla preparazione alle riprese alla post-produzione.

La regia è presa a carico dal Intimacy Coordinator che realizza la propria visione creativa e si assicura che il contenuto sia sviluppato in modo consensuale e che i limiti degli attori siano rispettati. Le produzioni che lavorano con il coordinamento dell’intimità capiscono la difficoltà specifica delle scene intime e hanno cura del cast e della troupe.

La redazione della rivista Ensemble ha fatto per voi una rassegna stampa che illustra la professione in modo più dettagliato.

„L’intimità inizia con le scene di bacio. Ogni bacio racconta una storia diversa, è un tocco intimo. Può essere molto intima anche una scena in cui un’attrice interpreta una donna che partorisce. Questo, a volte, espone molto l’attrice“.

In un’intervista con Edition F. l’attrice e Intimacy Coordinator tedesca, Julia Effertz

Julia Effertz racconta le specificità di questa nuova professione, spiegando l’importanza di questa nuova figura per l’industria cinematografica e l’introduzione di indumenti specifici come i sospensori, ad esempio. Nelle situazioni di prove, Julia Effertz assicura che i limiti degli attori* sono rispettati quando si girano scene intime e spiega quali sono le eventuali difficoltà che incontrano gli attori e come riesce a mettere gli attori a proprio aggio:

„Per ogni scena intima, lavoro con l’attrice da un punto di vista fisico, vocale ed emotivo. L’obiettivo è anche quello di proteggere la sfera privata del corpo e di poter raccontare il ruolo e la storia attraverso il corpo. Mi assicuro che l’attrice sia a suo agio sul set, che non rimanga esposta tra una ripresa e l’altra, ma che le venga consegnato l’accappatoio subito dopo il „grazie“. L’ideale sarebbe seguire anche in questo caso un protocollo di ’set chiuso‘ con equipaggio minimo“.

Esiste anche uno strumento coreografico che viene chiamato “ancoraggio“, che consente di evitare al massimo i contatti fra gli attori durante una scena di sesso. Prendiamo l’esempio classico della posizione del missionario, l’uomo si sdraia sopra la donna. Le zone genitali non si toccano perché l’attore ancorerà la sua coscia a quella della sua partner di scena. I movimenti di spinta possono quindi essere eseguiti su questo punto di ancoraggio senza altro contatto mentre i movimenti sembreranno del tutto naturali. A seconda della quantità di nudità concordata nelle scene del film, vengono utilizzati indumenti specifici. Dallo slip color pelle ai cosiddetti sospensori per gli uomini, usati anche dai ballerini proteggeranno gli attori dal contato.

Julia Effertz, in un altro articolo intitolato „Non sono la polizia del sesso“, apparso sulla rivista online ze.tt. da più ampie informazioni sull’argomento. Lo potete consultare su „100 secondi“ nel podcast della SRF. Julia Effertz spiega secondo il principio delle cinque C, che parte dal cuore, come deve essere strutturata una scena intima. Dice della propria esperienza:

“Il mio corpo privato era completamente protetto dal coordinamento dell’intimità, il mio corpo di attrice era totalmente libero di interpretare il ruolo: in quel momento ho capito che il coordinamento dell’intimità funzionava. Non solo mi metteva al sicuro, ma apriva anche una libertà artistica assoluta“.

Julia Effertz

Un’altra importante Intimacy Coordinator è la giovane californiana Amanda Blumenthal, che ha accompagnato i film „Euphoria“, „The L-Word“ e „The Affair“ negli Stati Uniti e nel Regno Unito. Spiega in un’intervista ad Annabelle che stava lavorando come sex- and relationship coach quando ha saputo dell’annuncio di lavoro alla HBO.

Quando le viene chiesto nell’intervista, se sente molte storie di abusi sul set, risponde così:

„Assolutamente sì, e a volte si tratta di storie molto estreme: di registi che mandano tutti a casa per poter stuprare indisturbati l’attrice protagonista. Di attori che fanno sesso dietro le quinte durante le riprese. Di scivolate verbali del tipo „Fammi vedere le tette“. Il cattivo non è sempre il regista, le aggressioni avvengono anche tra il personale del set o i colleghi attori“.

Blumenthal parla anche della necessità di affrontare e guidare l’esperienza dell’aggressore in una scena di sesso violento, così come di tutti coloro che sono coinvolti nelle riprese e che sono interessati dalle sfide psicologiche di una scena del genere.

Dopo il #MeToo, c’è un grande nervosismo tra gli uomini. Molti hanno paura di comportarsi male. Di solito si rendono conto che siamo lì per sollevarli da discussioni scomode, per chiarire chi è autorizzato a toccare dove e come baciare esattamente. Avere a bordo una persona neutrale e mediatrice dà un senso di sicurezza.

Amanda Blumenthal

Nell’ intervista Amanda Blumenthal espone le linee di condotta e In qualità di organizzazione leader a livello internazionale, condivide le proprie conoscenze sul sito web „Intimacy professionals association“, creato appositamente per informare sull’argomento. Riporta anche un elenco dei servizi più importanti  che un coordinatore dell’intimità può offrire:

  • Facilitare il dialogo tra gli attori e il regista sul loro benessere in relazione al contenuto intimo di una scena.
  • Preparare emotivamente gli attori a scene di intensa intimità, come la simulazione di un’aggressione sessuale, e sostenerli durante l’intero processo, oltre a fornire assistenza emotiva in seguito, se necessario.
  • Garantire che durante le riprese di una scena non vengano superati i limiti degli attori e che questi rimangano fisicamente ed emotivamente al sicuro per tutta la durata delle riprese.
  • Fornire un ambiente sicuro in cui gli attori possano svolgere il loro lavoro.
  • Garantire il rispetto delle linee guida per i set chiusi e la nudità.
  • Agire come sostenitore e alleato per gli attori LGBTQIA+ sul set.
  • Coreografare le scene di sesso simulato per aumentare la credibilità.
  • Coordinarsi con reparti come quello dei costumi e del trucco per garantire che gli attori siano equipaggiati con abiti nudi, barriere e protesi appropriate.

Ulteriori informazioni statistiche e informazioni più dettagliate sulle opportunità di formazione in Germania possono essere ottenute da „kmbk“ – consulenza in rete per artisti, creativi, professionisti della cultura e dei media di Monaco.

“In realtà, nulla è spontaneo, non c’è niente di sexy. Le scene di sesso sono un lavoro duro, fisicamente e mentalmente.”

avverte Amanda Blumenthal e il rispetto è davvero fondamentale.

D und F | Suisseculture: Finanzbeschlüsse des Bundesrats vom letzten Freitag

Version français ci-dessous

Der Bundesrat verkauft Kürzungen als Wachstum!

Zürich, den 13.3.2023

Mit den am Freitag veröffentlichten Eckwerten für das Zielwachstum mehrjähriger Finanzbeschlüsse kürzt der Bundesrat in unverantwortlicher Weise die Budgets für notwendige Investitionen, unter anderem in der Kultur massiv. Damit verunmöglicht er der Branche, die Herausforderungen nach der Pandemie angehen zu können.

Es ist unbestritten, dass der Kulturbereich von der Pandemie besonders hart getroffen wurde und sich jetzt in einer Erholungsphase befindet. Kulturschaffende und -unternehmen müssen nach wie vor ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. Nicht zuletzt dank den gemeinsamen Anstrengungen von Branche, Publikum und öffentlicher Hand konnte trotz enormer Schwierigkeiten bis anhin ein substantieller Verlust an kultureller Vielfalt verhindert werden. Dass nun, inmitten der Wiederaufbauphase, schmerzliche Kürzungen vorgenommen werden sollen, ist absolut unverständlich. Denn mit diesen Kürzungen laufen wir Gefahr, die Unterstützungsanstrengungen der letzten Jahre wieder zunichtezumachen.

Was in der Medienmitteilung des Bundesrates als «temporärer Rückgang» des Wachstums bezeichnet wird, bedeutet in Zahlen für das Jahr 2024 Kürzungen des Budgets um 2%. Kürzungen, welche die Kultur im schlechtmöglichsten Zeitpunkt treffen. Die nun vorgegebene Obergrenze für das Zielwachstum der Finanzbeschlüsse für die Jahre 2025–2028 wird im Bereich Kultur vom Bundesrat auf 1,2% festgesetzt. Das Zielwachstum gleicht damit die Kürzungen von 2024 bei Weitem nicht aus. So können weder die Herausforderungen für den Kulturbereich in Angriff genommen noch die Teuerung kompensiert werden. Der Bundesrat streicht das Budget für die Kultur für die nächsten fünf Jahre massgeblich zusammen und gibt so ein falsches Signal.

Tatsache ist, dass auch in der Schweiz in nächster Zukunft von der grössten Teuerung seit Jahrzehnten ausgegangen werden muss. Zu einem Zeitpunkt, da über einen Teuerungsausgleich von mehreren Prozenten auf die Lohnsumme verhandelt wird, ist eine Kürzung der Kulturausgaben (die zum allergrössten Teil direkt in Lohnzahlungen fliessen) nicht vertretbar. Vielmehr wäre es an der Zeit, nachhaltige Massnahmen zur Verbesserung der sozialen Sicherheit für Kulturschaffende einzuleiten – mit entsprechenden Anpassungen in den Vorsorgesystemen der ersten und zweiten Säule. Diese betreffen nicht nur den Kulturbereich, sondern alle «prekären» Arbeitsformen, also befristet Angestellte, mehrfach Beschäftigte, teilweise Selbstständigerwerbende oder auch Personen in arbeitgeberähnlichen Positionen. Hier besteht akuter branchenübergreifender Handlungsbedarf!

Im Mai 2023 wird der Vernehmlassungsentwurf der Kulturbotschaft 2025–2028 vorliegen mit konkreten Massnahmen für die verschiedenen Förderbereiche. Dann wird bekannt werden, welche finanziellen Mittel für die nationale Kulturförderung 2025–2028 zur Verfügung gestellt werden sollen. Angesichts der Herausforderungen, die der Kultursektor insbesondere nach der Pandemie zu meistern hat, und unter Berücksichtigung der Inflation ist nicht eine Kürzung, sondern vielmehr eine Erhöhung des Kulturbudgets unumgänglich.

Die Kulturschaffenden der Schweiz können nicht nachvollziehen, was den Bundesrat zu diesen Kürzungen im Kulturbereich veranlasst hat. Sie rufen das Parlament auf, die für das Überleben der Branche dringend notwendigen Korrekturen am Budgetvorschlag des Bundesrates vorzunehmen.

 

Für weitere Auskünfte:

Alex Meszmer, Geschäftsleiter Suisseculture alexmeszmer@suisseculture.ch, 043 322 07 30

Omri Ziegele, Präsident Suisseculture oziegele@gmx.ch; 076 462 42 96


Le Conseil fédéral fait passer des réductions pour de la croissance!

Zurich, le 13.3.2023

En publiant vendredi les chiffres clefs sur les taux de croissance cibles pour les arrêtés financiers pluriannuels, le Conseil fédéral propose une réduction massive et irresponsable des budgets d’investissements nécessaires, notamment dans la culture. Il empêche ainsi le secteur de relever les défis qui se posent après la pandémie.

Il y a consensus pour dire que le secteur culturel a été particulièrement touché par la pandémie et qu’il se trouve à présent dans une phase de récupération. Les acteurs/actrices et entreprises culturel·les luttent aujourd’hui encore pour leur survie économique. Jusqu’à présent, en dépit d’énormes difficultés, et grâce aux efforts du secteur, du public et des pouvoirs publics, on a pu éviter une perte substantielle de la diversité culturelle. Il est absolument incompréhensible d’effectuer maintenant des coupes douloureuses alors qu’on se trouve justement en pleine phase de reconstruction. Ces réductions risquent de réduire à néant les efforts de soutien de ces dernières années.

Dans son communiqué de presse, le Conseil fédéral indique que ces taux de croissance « devraient baisser temporairement en 2024 », ce qui se traduit en chiffres par des réductions de 2 % du budget. Ces coupes touchent la culture au plus mauvais moment possible. Le Conseil fédéral a fixé à 1,2 % la limite supérieure de la croissance visée par les arrêtés financiers pour les années 2025-2028 dans le domaine de la culture. Les taux de croissance cibles ne compensent donc pas, et de loin, les réductions de 2024 et ne permettent pas de relever les défis posés au secteur culturel ni de compenser le renchérissement. Le Conseil fédéral réduit considérablement le budget de la culture pour les cinq prochaines années ; c’est un mauvais signal.

On sait que l’avenir nous réserve le renchérissement le plus important que l’on ait vécu, en Suisse également, depuis des décennies.. À l’heure où une compensation du renchérissement de plusieurs pour cent est négociée sur la masse salariale, une réduction des dépenses culturelles (dont la plus grande partie est directement affectée au paiement de salaires) n’est pas défendable. Il serait plutôt temps d’introduire des mesures durables d’amélioration de la sécurité sociale des acteurs/actrices culturel·les — avec des adaptations adéquates dans les systèmes de prévoyance du premier et du deuxième pilier. Cela ne concerne d’ailleurs pas seulement le secteur culturel, mais aussi toutes les formes de travail « précaires », à savoir les personnes employées à durée déterminée, les personnes ayant des emplois multiples, les personnes partiellement indépendantes ou encore les personnes occupant des positions assimilables à celles d’un employeur. Il y a là un urgent besoin d’agir avec une vision intersectorielle!

Dès mai 2023, le projet de Message culture 2025-2028 sera en consultation avec des mesures concrètes pour les différents domaines d’encouragement. On saura alors quels moyens financiers seront mis à disposition pour l’encouragement de la culture 2025-2028 au niveau fédéral. Au vu des défis que le secteur culturel doit relever, notamment après la pandémie, et compte tenu de l’inflation, il ne convient actuellement pas de réduire le budget de la culture, mais plutôt de l’augmenter.

Les acteurs et actrices culturel·les suisses ne comprennent pas ce qui a poussé le Conseil fédéral à procéder à ces coupes dans le secteur culturel et appellent le Parlement à apporter au projet de budget du Conseil fédéral les corrections urgentes nécessaires à la survie de la branche.

Contacts:

Alex Meszmer, secrétaire général de Suisseculture, alexmeszmer@suisseculture.ch, 043 322 07 30

Omri Ziegele, président de Suisseculture, president@suisseculture.ch, 076 462 42 96

 

Publikumsschwund und freie, kritische Kunstbetrachtung in Gefahr

Im Februar erreichen die Redaktion zwei Meldungen aus Österreich und Deutschland, die das Theater betreffen und nicht gerade Wohlbehagen auslösen – eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse.

„Am Rande einer Ballettpremiere hat der Chefchoreograph und Direktor des Staatsballetts Hannover unsere Tanzkritikerin zunächst verbal und dann auch physisch attackiert. Ein Angriff auf die freie, kritische Kunstbetrachtung generell.„, meldete die Frankfurter Allgemeine am 12. Februar.

Dieser Lead ist dem Artikel „Eklat in Hannover – Attacke auf unsere Tanzkritikerin“ entnommen, und erklärt, wie es zum Vorfall zwischen dem  Chefchoreograph und Direktor des Staatsballetts Hannover, Marco Goecke, und der Tanzkritikerin Wiebke Hüster zunächst verbal und dann auch physisch mit einem Angriff mit Exkrementen kam.

In Zeiten, in denen im Kunstbetrieb Sensibilität und Achtsamkeit auf allen Ebenen proklamiert wird, ist das eine besondere Perfidie.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Die bewusste Herabsetzung und Erniedrigung, die aus der vorbereiteten Exkrementen-Attacke hervorgeht, nehmen wir sehr ernst. Sie zeugt vom fatalen Selbstverständnis einer Persönlichkeit in hoch subventionierter Leitungsfunktion, die meint, über alle kritische Beurteilung erhaben zu sein und sich ihr gegenüber im Zweifelsfall auch durch Anwendung von Gewalt ins Recht zu setzen. In Zeiten, in denen im Kunstbetrieb Sensibilität und Achtsamkeit auf allen Ebenen proklamiert wird, ist das eine besondere Perfidie.“ schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Die Konsequenzen sehen folgendermassen aus:

„Die Intendantin der Oper Hannover, Laura Berman, teilte auf Anfrage dieser Zeitung mit, dass die Staatsoper Hannover über den Vorfall „schockiert“ sei und nun „arbeitsrechtliche Konsequenzen gegenüber Ballettdirektor Marco Goecke prüfen“ werde.“

Und:

„Frank Rieger, Landesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes in Niedersachsen, forderte eine deutlichere Reaktion: „Die Erklärung der Staatsoper zu dem Vorfall ist völlig unzureichend, denn der Angriff auf die Journalistin der F.A.Z. ist auch eine Attacke auf die Pressefreiheit.“


„Auf eine 16-Jährige kommen zwei bis drei 60-Jährige: Der demografische Wandel hat auch den Kulturbetrieb erfasst. Ist Publikumsschwund in Theater, Oper oder Kino aufzuhalten?“, schrieb der Standart im Artikel „Kultur und Demografie: Wenn die Jungen nicht mehr ins Theater gehen“, ebenfalls am 12. Februar.

„Der Kulturbetrieb – in dem in Österreich 160.000 Menschen arbeiten – hat den akuten Covid-Stresstest relativ gut überstanden.“

Linke beklagen konservative Strukturen, Konservative wettern gegen linkes Regietheater.

Der Standart

„Und dennoch: Gerade im Theaterkontext wird die Publikumskrise in den letzten Monaten kontrovers diskutiert, oft werden ästhetsche Gründe heraufbeschworen: Linke beklagen konservative Strukturen, Konservative wettern gegen linkes Regietheater. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) verteilt Beruhigungspillen und lässt eine Studie erstellen. Im März soll sie fertig sein.“

Als mögliche Gründe werden der demografische Wandel genannt, der alle Bereiche der Gesellschaft erfasse und den Kulturbetrieb vor strukturelle Probleme stellt. Wegen der Überalterung des Publikums, würden die Plätze im Theater frei bleiben und das Programm so, wie es bisher gewesen sei: Auf eine heute 16-jährige Person kämen zwei bis drei 60-Jährige. Hinzu kommt das digitale Konkurrenzangebot durch Streaming, Tendenz steigend! Weitere Begründungen lauten:

„Der Kulturwissenschafter Thomas Renz vom Berliner Institut für Kulturelle Teilhabeforschung kennt die Problematik. Zwar werde das Digitale nicht als 1:1-Ersatz dem Live-Erlebnis vorgezogen, dieser Schluss wäre zu einfach; aus Untersuchungen wisse man aber, dass junge Menschen Kulturangebote heute generell in deutlich geringerem Ausmaß wahrnehmen als noch vor 30–40 Jahren. Digitale Zeitfresser spielen dabei eine Rolle.“

Das, was im Digitalen nicht vorkommt, wird häufig im Analogen gar nicht wahrgenommen.

Und:

„Die Soziologin Susanne Keuchel weiß aus Befragungen, dass bei jungen Menschen „absolutes Unverständnis darüber herrscht, wenn ein Kulturangebot nicht im Netz abrufbar ist. Das, was im Digitalen nicht vorkommt, wird häufig im Analogen gar nicht wahrgenommen.“ Zu bedenken gibt Keuchel auch, dass heutige 16-Jährige 20 Prozent ihres Lebens im digitalen Totalrückzug während der Pandemie verbracht haben. Kein Wunder, dass das Spuren hinterlässt.“

Kleine Einrichtungen schaffen sich so ihre Nischen, große privatwirtschaftliche Player wie Streamingplattformen bringen die Nische zu den Leuten, individuell maßgeschneidert direkt ins Wohnzimmer.

Der Standart

Zwischenfazit:

„Fakt ist, so gut wie alle Kultureinrichtungen bemühen sich heute darum, Junge zu erreichen. So wirklich gelingen will das aber nur jenen, die auf Zielgruppenoptimierung abzielen können: Kleine Einrichtungen schaffen sich so ihre Nischen, große privatwirtschaftliche Player wie Streamingplattformen bringen die Nische zu den Leuten, individuell maßgeschneidert direkt ins Wohnzimmer. Übrig bleiben die Tempel bürgerlicher Hochkultur, jene, die sich keine radikale Zielgruppenfokussierung leisten können, aber trotzdem Zukunft haben wollen.“

Die Kulturpolitik scheint sich der Bedeutung dieser Fragen zumindest bewusst zu sein: Der Bund lässt Studien erstellen, die Stadt Wien eine Kulturstrategie bis 2030 ausarbeiten.

Die Debatte in der Kulturpolitik über ein potenzielles Überangebot sei dringend notwendig, meint Renz und zudem solle, gemäss Keuchel, die kostenlose Zugänglichkeit für subventionierte Kultur ermöglicht werden. Beide Experten plädieren für Durchmischung in soziokulturellen Räumen, die der Zersplitterung in Milieus entgegenwirken. „Die Kulturpolitik scheint sich der Bedeutung dieser Fragen zumindest bewusst zu sein: Der Bund lässt Studien erstellen, die Stadt Wien eine Kulturstrategie bis 2030 ausarbeiten.“ Zu guter Letzt noch der Fakt: „Dass unabhängig von Alter und Herkunft laut manchen Befragungen bis zu 50 Prozent der Bevölkerung überhaupt keine Kulturveranstaltungen besuchen, steht auf einem anderen Blatt. Das wäre wohl ein Auftrag ans Bildungssystem.“

Julia Schiwowa – Opernsängerin und Wegbereiterin

Ensemble trifft die selbständige Sängerin Julia Schiwowa zum Interview, und spricht mit ihr darüber, wie sie ihre berufliche Tätigkeit und ihr persönliches Umfeld gekonnt unter einen Hut bringt und dabei feministische Werte vertritt. Sie kommt ursprünglich aus dem Zürcher Seefeld, lebt aber seit vielen Jahren in Thalwil mit ihrem Mann, der als Fotograf arbeitet und ihren zwei Kindern (13 und 11).

Schiwowa hat seit Ende 2019 den mutigen Schritt in die Selbständigkeit gewagt – kurz bevor die Pandemie einsetzte und auch ihr Vorhaben auf den Kopf gestellt hat. Sie war davor in Teilzeit Geschäftsführerin des Singstimmzentrum Zürich in Schlieren. Ursprünglich als klassische Opernsängerin und Sopranistin an der Zürcher Hochschule der Künste und im Schweizer Opernstudio ausgebildet, hat sie sich seit Abschluss ihres Studiums auch immer dem Chanson und anderen Stilrichtungen der Unterhaltungsmusik gewidmet. Diese „zweigleisige“ Laufbahn sei zu ihrem persönlichen Arbeitsstil geworden, so Schiwowa.

Seit 2019 hat sie ein Musiktheaterduo menze&schiwowa mit der Bayerischen Cellistin Lucia Schneider-Menz, mit welcher sie eigene Musiktheaterprogramme schreibt. Im neuen Programm „Wer hätte das gedacht?“ haben sie Musiktheater verdichtet und so treten neben den Künstlerinnen zwei lebensgrossen Klappmaul-Puppen auf. Die Arbeit mit den Puppen hat eine neue künstlerische Ausdrucksweise in ihr Schaffen gebracht. Schiwowa hatte diesen Dezember zudem ihr eigenes Weihnachtsprogramm „Törli uf, Törli zue“ herausgebracht. Daneben singt sie in verschiedenen Opernproduktionen und ist in diversen klassischen Werken zu hören.

Ursprünglich war nicht geplant, dass sie diese unterschiedlichen Stimmrichtungen in ihrer beruflichen Karriere vereint, da dies auch stimmtechnische Herausforderungen mit sich bringt.

Julia Schiwowa, Opernsängerin

Ursprünglich war nicht geplant, dass sie diese unterschiedlichen Stimmrichtungen in ihrer beruflichen Karriere vereint, da dies auch stimmtechnische Herausforderungen mit sich bringt. Sie muss stets ihre Stimmmuskulatur umtrainieren zwischen den Auftritten verschiedener Stile – „Das ist am ehesten mit einer Sportlerin zu vergleichen, die mehrere Sportarten gleichzeitig betreibt“, sagt Schiwowa und lacht. Als Sopranistin singt sie beispielsweise ungefähr eine Oktave höher als bei den Chansons, ausserdem benutzt sie dort mehrheitlich ihre Bruststimme, in der Klassik hingegen fast nie. Ihre Erfahrung damit kann sie im Rahmen ihrer Arbeit am Singstimmzentrum mit anderen Singenden teilen. Dort werden Leute mit Stimmproblemen betreut.

Damals während der Pandemie wollte sie aktiv etwas tun und ihre Leidenschaft einsetzen, hätte aber nie gedacht, dass online ein solches Gemeinschaftsgefühl entstehen würde.

Im Lockdown kam bei Julia Schiwowa Panik auf, da Singen und somit ihr Beruf auf einmal verboten war. Aus der spontanen Idee eines täglichen Einsingens mittels eines Live-Streams auf Youtube begann die Geschichte von „Einsingen um 9“. Am 23. März 2020 ging sie mit ihrer Sängerkollegin Barbara Böhi damit online – aus der Idee wurde ein Run! Am 3. Tag waren über 1000 Leute live dabei. Seither ist kein einziger Tag vergangen, an dem nicht gemeinsam auf Youtube eingesungen wurde. Am 17. Dezember 2022 kam nun die 1000. Folge heraus. Alle Folgen sind online verfügbar und werden fast alle live gestreamt. Sie beinhalten 35 Minuten Einsingen, verschiedene Stimme und Körperübungen und danach noch ein einfaches Lied oder einen Kanon. Für Schiwowa war und ist „Einsingen um 9“ sehr sinnstiftend, damit können die mittlerweile vier EinsängerInnen vielen singfreudigen Menschen einen positiven musikalischen Start in den Tag zu ermöglichen, ihnen Struktur schenken und auch oftmals ein wenig die Einsamkeit mindern.

Es geht immer darum, gemeinsam etwas singend etwas zu erschaffen, es wird nicht nur konsumiert.

Damals während der Pandemie wollte sie aktiv etwas tun und ihre Leidenschaft einsetzen, hätte aber nie gedacht, dass online ein solches Gemeinschaftsgefühl entstehen würde. Gekrönt wurde dieses mit zwei Mitsing-Events im 2022, die im Volkshaus Zürich (Das Grosse Singen) und im offenen St. Jakob (Das Grosse Weihnachtssingen) stattfanden. Zweimal waren die Säle gefüllt, die Leute sind sogar aus Deutschland angereist, um gemeinsam einzusingen. „Es geht immer darum, gemeinsam etwas singend etwas zu erschaffen, es wird nicht nur konsumiert“, meint Schiwowa. Schiwowa, die ihren Sohn gleich nach dem Studium bekam, hatte gesellschaftlich quasi „alles falsch gemacht“. So bekam sie entsprechend auch kaum Mutterschaftsgeld und sie hatte latent das Gefühl, immer alles „trotzdem“ zu tun, trotz Systemen, in die sie einfach nie hineinpasste. Dank ihren eigenen Projekten hat sie sich über die Jahre ihre Musikwelt erschaffen und kann davon als selbständige Künstlerin mit Familie leben.

Zur Berufssituation für Frauen sagt sie „Wir sind noch nirgends!“ – vieles sei noch unterschwellig an Ungleichheiten vorhanden und es gebe deshalb einen triftigen Grund, warum sie ihren eigenen Weg gegangen ist und eigene Konstellationen aufgebaut hat.

Das sei eher der „harte“ Weg, den sie seit 15 Jahren geht. Aber mittlerweile ist sie sehr dankbar, dass sie diesen Weg so gegangen ist, denn heute hat sie überall tolle Teams mit hervorragenden Leuten, pflegt mit ihnen eine funktionierende offene Kommunikation und einen respektvollen Umgang. Was will man mehr? Zur Berufssituation für Frauen sagt sie „Wir sind noch nirgends!“ – vieles sei noch unterschwellig an Ungleichheiten vorhanden und es gebe deshalb einen triftigen Grund, warum sie ihren eigenen Weg gegangen ist und eigene Konstellationen aufgebaut hat. Es wäre schön, sich auszutauschen unter Führungsfrauen im Musikbusiness, Frauen, die Bands leiten oder auch Touren organisieren und durchführen. Denn es gibt wenige, die alles gleichzeitig machen.

Ensemble Magazin bedankt sich bei Julia Schiwowa für das inspirierende Gespräch und ist beeindruckt von ihrem mutigen Weg, den sie geht!

Neue Meldungen schweizweit: Kulturprekariat und Stellenmeldepflicht

Im Bericht „Reiche Chefs, arme Tänzerinnen“ im Bund (19. November 2022) werden die Löhne in der Kulturbranche angesprochen. In der Berner Kulturbranche sind erstmals die Jahressaläre von Direktorinnen und Intendanten öffentlich. Die grosse Frage: Sind diese gerechtfertigt?

Zum ganzen Artikel geht es hier.

Warum die Löhne der Kulturspitze schweizweit nicht öffentlich sind, obwohl die Institutionen Subventionen in Millionenhöhe beziehen, hat laut Salva Leutenegger vom Berufsverband der darstellenden Künste SzeneSchweiz unter anderem politische Gründe. Da die Beiträge an die Kultur von bürgerlicher Seite regelmässig kritisiert werden, seien die Subventionsgeber unter Druck. «Die Löhne werden wohl auch deshalb unter Verschluss gehalten.»

«Branchenüblich» – wer die grossen Kulturinstitutionen in Bern zu den Löhnen ihrer Chefs und Chefinnen befragt, erhält ohne Ausnahme dieses Wort als Antwort. Zusammen mit: «Der Lohn ist angemessen.»

Salva Leutenegger, Verband der darstellenden Künste SzeneSchweiz

Kritik kommt aber häufig nicht bezüglich der höchsten Löhne. Sondern vor allem bezüglich der niedrigsten – und der grösser werdenden Lohnschere. Aktuell betragen die Mindestgagen für Festangestellte bei Bühnen Bern etwa für eine 100-Prozent-Stelle 54’600 Franken.

Vielfach müssen Kulturschaffende aber mit deutlich weniger auskommen: So haben sechs von zehn ein Gesamteinkommen von weniger als 40’000 Franken im Jahr – bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 45 Stunden, so eine Studie. Vielen drohe die Altersarmut. Dafür befragte das Forschungsbüro Ecoplan im Auftrag des Vereins Suisseculture Sociale und der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia rund 10 Prozent aller Kulturschaffenden in der Schweiz. Auffallend wenig, sagt Salva Leutenegger vom Berufsverband der darstellenden Künste, verdienen Tänzerinnen und Tänzer.

Was in der darstellenden Kunst besonders wichtig sei: «Schafft es ein Haus, eine bekannte Person anzustellen, kriegt es nachweislich mehr Publikum, mehr Aufmerksamkeit, mehr Erfolg.»

Salva Leutenegger, Berfusverband der darstellenden Künste SzeneSchweiz

Als Hauptgrund, dass die grossen Häuser verhältnismässig tiefe Mindestlöhne zahlen, werde oft die Höhe der Subventionsbeiträge genannt, so Leutenegger – man müsse mit den Geldern arbeiten, die man erhalte.

Lange waren die Löhne bei den Kulturhäusern unter Verschluss, seit diesem Jahr gelten aber im Kanton Bern neue Richtlinien für öffentlich finanzierte Betriebe: Die Vergütungen in den Chefetagen müssen transparent gemachtwerden. Zu den grossen Institutionen, die diese nun ausweisen, gehören Bühnen Bern (220’000 Franken für Intendant Florian Scholz), das Kunstmuseum Bern mit dem Zentrum Paul Klee (248’000 Franken für Direktorin Nina Zimmer) und das Historische Museum (206’700 Franken für Direktor Thomas Pauli-Gabi).

Fairerweise müsste man alle Löhne und Honorare prüfen, die mit öffentlichen Geldern finanziertwerden. «Es kann nicht sein, dass man die Lohnhöhen in der Kultur beschränkt, aber in den anderen Bereichen keine Limiten setzt.»

Sandra Künzi, Co-Präsidentin von t. Theaterschaffen Schweiz

 

Seit April 2020, meldet SRF (16. November 2022), verteile Suisseculture Sociale Corona-Nothilfen an Künstlerinnen und Künstler – leider endet nun diese Unterstützung.

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Die Trägerin des Sozialfonds des Dachverbands der Schweizer Kulturverbände hat bislang insgesamt 32 Millionen Franken ausbezahlt. Per Ende Jahr ist Schluss damit. Viele Kulturschaffende sehen sich deshalb in einer schwierigen Lage.

Nicht nur die wirtschaftliche Lage ist prekär, sondern auch die psychische.

Nicole Pfister Fetz, Präsidentin von Suisseculture Sociale

Die atypischen Arbeitsverhältnisse der Kulturschaffenden müsse man sich genauer anschauen und prüfen, wie man die Menschen in Zukunft optimal unterstützen könne. Diese Unterstützung muss den komplexen Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche gerecht werden.

 

Ein Drittel der offenen Stellen werde von Firmen gar nicht angezeigt, schreibt die NZZ (16.11.2022). Der Beruf mit der höchsten Arbeitslosenquote in der Schweiz ist derzeit jener des Schauspielers.

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Auf der Liste stehen alle Berufe, die eine Arbeitslosenquote von über 5 Prozent aufweisen. Wenn Firmen Mitarbeitende in einer der aufgelisteten Berufsarten suchen, müssen sie die offenen Stellen einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) melden. Mit der Liste soll das Potenzial derinländischen Arbeitskräfte besser genutzt werden, ohne das Freizügigkeitsabkommen mit der EU zu gefährden. Die Stellenmeldepflicht besteht seit Juli 2018 und ist eine Antwort auf die Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung».

Zur Relevanz der Stellenmeldepflicht für Schauspieler sagt Silvan Gisler, Creative Director des Schauspielhauses Zürich:

Schauspiel ist ein Bereich, wo zum einen über Jahre gewachsene Arbeits- und Vertrauensbeziehungen zwischen Regie und Schauspielerinnen und Schauspielern sehr wichtig sind und zum anderen auch stets sehr spezifische Vorstellungen und damit auch Anforderungsprofile vorhanden sind.

Silvan Gisler, Creative Director des Schauspielhauses Zürich

Schauspieler seien schlecht untereinander ersetzbar, da jede Person ein eigenständiges künstlerisches Profil habe. Insofern sei aus künstlerischer Sicht die Stellenmeldepflicht zwar von geringer Relevanz – aber Teil der Gesetzgebung und des Vorgangs, den es zu respektieren gelte.

 

Intimitätskoordination – ein Berufszweig auf der Überholspur

Gemäss der ersten zertifizierten Intimacy Coordinator Julia Effertz, unterstützt diese Berufsfeld den Entstehungs-Prozess intimer Szenen von der Vorbereitung, über den Dreh bis hin zur Post-Produktion.

Die Regie wird bei der Umsetzung ihrer kreativen Vision massgeblich durch den Intimacy Coordinator unterstützt und diese*r stellt sicher, dass Inhalte einvernehmlich entstehen und die Grenzen der Schauspieler*innen respektiert werden. Produktionen die mit Intimacy Coordination arbeiten verstehen die spezielle Schwierigkeit intimer Szenen und tragen Fürsorge für Cast und Crew.

Die Redaktion von Ensemble Magazin hat einen Medienspiegel für Sie zusammengestellt, der das Berufsfeld eingehender behandelt.

„Intimität fängt schon bei Kussszenen an. Jeder Kuss erzählt eine andere Geschichte, ist eine intime Berührung. Was auch sehr intim sein kann, ist eine Szene, in der eine Schauspielerin eine gebärende Frau spielt. Das ist mitunter sehr exponierend für die Schauspielerin.“

Julia Effertz, deutsche Intimitätskoordinatorin im Interview mit Edition F

Julia Effertz ist Schauspielerin und Intimitätskoordinatorin – im Interview mit Edition F spricht sie über diesen neuen Berufszweig, warum er so wichtig für die Filmbranche ist und wozu beispielsweise Genitaltaschen genutzt werden. Effertz sorgt bei den Probesituationen dafür, dass die Grenzen von Schauspieler*innen beim Drehen intimer Szenen eingehalten werden und erklärt im Interview, wo die Schwierigkeiten hierfür liegen. Ein kleiner Auszug:

Wie bei jeder intimen Szene arbeite ich mit der Schauspielerin körperlich, stimmlich und emotional. Das Ziel ist auch hier, daß ihr privater Körper geschützt ist und sie mit ihrem Körper die Rolle und ihre Geschichte erzählen kann. Ich sorge dafür, wie auch bei anderen intimen Szenen, dass es der Schauspielerin am Set gut geht, dass sie etwa zwischen den Takes nicht entblößt daliegt, sondern dass ihr sofort nach dem ‘Danke’ der Bademantel gereicht wird. Im Idealfall sollte auch hier  ein ,Closed Set’-Protokoll mit minimaler Crew eingehalten werden.

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„Ein choreografisches Hilfsmittel ist das ,Anchoring’, also die Bewegung über ,Anker’ anderer Körperstellen. Das kann man sich zum Beispiel so vorstellen: klassische Missionarsstellung, der Mann liegt über der Frau. Die Genitalbereiche berühren sich hierbei nicht, sondern der Schauspieler ankert seinen Oberschenkel an dem seiner Szenenpartnerin. Stoßbewegungen können dann über diese Ankerstelle ausgeführt werden. Je nachdem wie viel Nacktheit vereinbart ist, wird mit verschiedenen Kostümen gearbeitet. Das wären hautfarbene Slips oder sogenannte Genitaltaschen für Männer, in denen sie alles gut verpacken können.“

Es erschien ein weiterer Artikel über die Arbeit von Julia Effertz mit dem Titel „Ich bin nicht die Sexpolizei“ im Onlinemagazin ze.tt.

Einen kurzen Einblick in die Thematik gewährt das Format „100 Sekunden“ von SRF als Podcast. Er greift das Prinzip der fünf C’s auf, das auf den Punkt bringt, wie eine Intime Szene aufgebaut sein muss.

Mein privater Körper war durch die Intimitätskoordination völlig geschützt, mein Schauspielkörper füllte die Rolle ganz aus. Da habe ich verstanden: die Intimitätskoordination funktioniert. Sie sichert mich nicht nur ab, sie eröffnet mir auch absolute künstlerische Freiheiten.“

Julia Effertz

Eine weitere wichtige Intimitätskoordinatorin ist die junge Kalifornierin Amanda Blumenthal, die in den USA und Grossbritannien «Euphoria», «The L-Word» und «The Affair» begleitet. Sie sei als Sex- und Beziehungscoach tätig gewesen, als sie von der Stellenanzeige bei HBO hörte, erklärt sie im Interview mit der Annabelle.

Im Interview antwortet sie auf die Frage, ob sie viele Geschichten von Missbrauch am Set höre, folgendermassen:

„Allerdings, und es sind manchmal sehr extreme Geschichten: Von Regisseuren, die alle nachhause schicken, um ungestört die Hauptdarstellerin vergewaltigen zu können. Von Schauspielern, die während des Drehs backstage Sex haben. Von verbalen Entgleisungen nach dem Motto «Zeig mir deine Titten». Der Böse ist nicht immer der Regisseur, Übergriffe finden auch zwischen Setmitarbeitern oder Schauspielerkollegen statt.

Blumenthal spricht ausserdem darüber, dass auch das Erleben des Aggressors bei einer gewaltsamen Sexszene verstärkt thematisiert und mentoriert werden müsse, wie auch alle anderen Beteiligten, die dem Dreh beiwohnen und von den psychischen Herausforderungen einer solchen Szene betroffen sind.

Seit #MeToo herrscht unter den Männern grosse Nervosität. Viele haben Angst, sich falsch zu benehmen. Sie erkennen meist, dass wir dazu da sind, ihnen unangenehme Diskussionen abzunehmen, zu klären, wer sich wo anfassen darf und wie genau man sich küsst. Es verleiht Sicherheit, so eine vermittelnde, neutrale Person mit an Bord zu haben.

Amanda Blumenthal im Interview mit  Annabelle

Auf ihrer eigens für die Thematik kreierten Website „Intimacy professionals association“ teilt sie als führende internationale Organisation ihr Wissen mit Interessierten. Darunter ist eine Auflistung zu den wichtigsten Dienstleistungen eines Intimacy Coordinators zu finden:

  • Erleichterung des Dialogs zwischen den Schauspielern und dem Regisseur über ihr Wohlbefinden in Bezug auf den intimen Inhalt einer Szene
  • Emotionale Vorbereitung der Schauspieler auf intensive Intimitätsszenen, wie z. B. simulierte sexuelle Übergriffe, und Unterstützung während des gesamten Prozesses sowie emotionale Nachbetreuung, falls erforderlich
  • Sicherstellen, dass während des Drehs einer Szene die Grenzen der Schauspieler nicht überschritten werden und dass sie während des gesamten Drehs sowohl körperlich als auch emotional sicher bleiben
  • Bereitstellung einer sicheren Umgebung, in der die Schauspieler ihre Arbeit verrichten können
  • Sicherstellen, dass die Richtlinien für geschlossene Sets und SAG-Nacktheit eingehalten werden
  • Als Fürsprecher und Verbündeter für LGBTQIA+-Darsteller am Set fungieren
  • Choreografieren von simulierten Sexszenen, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen
  • Koordination mit Abteilungen wie Kostümen und Make-up, um sicherzustellen, dass die Schauspieler mit angemessener Nacktheitskleidung, Barrieren und Prothesen ausgestattet sind

Weitere statistische Informationen, als auch weiterführende Informationen zur Ausbildungsmöglichkeit in Deutschland, erteilt das „kmbk“ – Beratung und Netzwerk für Künstler*innen, Kreative, Kultur- und Medienschaffende aus München.

In Wirklichkeit ist gar nichts spontan oder sexy. Sexszenen sind harte Arbeit, physisch und psychisch.

Amanda Blumenthal

 

Massive Vorwürfe an die Ballettschule Theater Basel

Fortsetzung Medienspiegel vom 30. September 2022: In Kooperation mit der „NZZ am Sonntag“ hat das Online Magazin „Bajour“ aus Basel eine umfangreiche Recherche zur Thematik publiziert, die auf Interviews mit 33 Tänzerinnen basiert. Trotz jahrelangem Missbrauch hat die Basler Behörde bis anhin wenig unternommen. Die Leitung der Schule streiten die Vorwürfe vehement ab. Darunter waren erschütternde Stimmen der Tänzerinnen wie diese:

«Als eine Mitschülerin völlig abgemagert ins Spital eingeliefert und an die Sonde angeschlossen werden musste, rüttelte uns das durch. Wir waren zu jung, um das mit den Methoden der Schule in Verbindung zu bringen, für uns war die Botschaft: So dünn müssen wir also werden, um der Direktorin zu gefallen.»

Julie Diethelm, Schülerin an der BTB

oder diese:

«Ich weinte regelmässig und hoffte, man würde uns helfen. Aber niemand setzte sich für uns ein. Es schien, als hätten sie alle eine stillschweigende Vereinbarung getroffen: Was hier läuft, mag hart sein, aber nötig. Man brach uns, und alle schauten zu.»

Madison Devietti

Aktuell will die Ballettschule Theater Basel  eine unabhängige Untersuchung in Auftrag geben und sich wheren, was in einer Mitteilung auf Bajour heute bekannt gegeben wurde. Dies nachdem Bajour und die «NZZ am Sonntag» Vorwürfe von Schüler*innen publik machten, die von jahrelangem Missbrauch berichten.

In den Gesprächen, die Bajour und die «NZZ am Sonntag» mit den 33 Schüler*innen führten, werden der Schule Demütigungen im Unterricht, systematische Beschimpfungen und Mobbing vorgeworfen. Die meisten Frauen sollen während der Zeit an der BTB keine Menstruation gehabt, eine 1,69 Meter grosse Studentin noch 36 Kilo gewogen haben. Panikattacken, Essstörungen, Ermüdungsbrüche sollen die Folge gewesen sein. Neben den Gesprächen haben wir zahlreiche Krankenakten, Mails und Textnachrichten ausgewertet.

Bajour, Online Magazin

Es sei nicht die erste öffentliche Diskussion über die Ausbildung von Balletttänzer*innen in der Schweiz. Lange Zeit hätten die Spitzensportler*innen als Symbol für Eleganz und Perfektion, wenn sie anmutig Pirouetten drehen und scheinbar mühelos auf Zehenspitzen über die Bühne gleiten. Doch das System, das Balletttänzer*innen hervorbringt, steht immer öfter unter Kritik. Diesen Sommer machte Die Zeit Anschuldigungen publik, dass an der Zürcher Tanz Akademie (TAZ) ein System der Angst herrsche.

Wichtig: Die Mitgliedschaft bei SzeneSchweiz ist währen der Ausbildung gratis und auf der Website gibt es eine anonyme Meldeplattform, die jederzeit genutzt werden kann.

Kommentar AHV21: Die Lüge von der Gleichstellung

Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – so argumentieren die Befürworter der AHV-Reform bei der Erhöhung des Rentenalters für Frauen. Das wirkt auf den ersten Blick ja eigentlich logisch.

Wenn du aber dein Leben lang im Durchschnitt mindestens 10 Prozent weniger verdient hast als das andere Geschlecht, wohlgemerkt bei gleicher Anstellung und gleicher Ausbildung, wenn du dazu noch den grössten Teil der Care-Arbeit für Kinder, pflegebedürftige Eltern oder andere Angehörige geleistet hast, unbezahlt natürlich, dann bist du mit 99 prozentiger Sicherheit eine Frau. Wenn deine Rente aufgrund deiner Biografie ein Viertel tiefer ist als der Durchschnitt der Männerrenten, bist du eine Frau. Wenn deine zusätzliche Absicherung, also deine 3. Säule, schwächer ist als im Durchschnitt der Bevölkerung, weil du wegen Familie und fehlenden Teilzeitangeboten weniger einzahlen konntest, bist du ganz sicher eine Frau.

In den darstellenden Berufen siehts sogar noch etwas übler aus. Laut einer Studie des SSFV (Schweizer Syndikat Film & Video) beträgt der Gender Pay Gap bei Schauspielerinnen ganze 23 Prozent.  (Hier zu den zusammengefassten Ergebnissen der Studie).

Die Befürworter der AHV-Reform, über die wir  abstimmen, argumentieren mit einem Vorgehen gegen ein „veraltetes Rollenbild“:

Zitat:
Das Referenzalter der Frauen wird an jenes der Männer angepasst. Dadurch kann das System, welches sich auf ein veraltetes Rollenbild stützt, modernisiert werden. Die Anpassung des Referenzalters erfolgt schrittweise und bringt der ersten Säule jährlich rund 1,4 Milliarden Franken 2032 ein.

Das wäre ja löblich, wenns nicht einfach, sorry, Bullshizzle wär.  Die AHV 21 erhöht die Pflichten der Frauen, ohne die empirisch bestehenden Nachteile zu berücksichtigen. Wir können gerne über eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen verhandeln, wenn sie vor diesem Rentenalter, in ihren ganzen Leben, auch gleichwertig behandelt wurden und verdient haben. Das Pseudo-Argument der „veralteten Rollenbildern“ zieht erst, wenn wir vor den Pflichten auch die Rechte angeglichen haben, sonst sind Frauen doppelt benachteiligt.

Um es in Zahlen zu verdeutlichen: Frauen erhalten bereits heute ein Drittel weniger Rente als Männer. Mit AHV 21 soll auf ihre Kosten gespart werden. Damit verlieren die Frauen zusätzlich ein Jahr AHV-Rente – das bedeutet rund 26’000 Franken weniger Einkommen im Alter. Nachdem Frauen durch Benachteiligung bei den Salären und durch unbezahlte Care-Arbeit bereits jetzt schon bestraft werden, würde die AHV 21 diese Situation noch verschlimmern.

Da bleibt einem die Aussage zu „veralteten Rollenbildern“ der Befürworter im Halse stecken. Das Perfide daran ist, dass es sich auf den ersten Blick durchaus logisch anhört. Und viele werden dann auch nicht weiter darüber nachdenken.  Ich hoffe, ihr tut das und erklärt es eurem Umfeld.