Corinne setzt sich immer mit den zukünftigen Möglichkeiten des Berufs auseinander. Einige davon haben mit neuer Technologie zu tun. So auch das heutige Thema: Motion Capture.
Ich stelle immer wieder Figuren dar, die sich nicht klassisch auf einer Bühne oder im Film ansehen lassen . Den Charakteren, denen ich Leben einhauche, begegnet die Zuschauerin in einer Virtuellen Realität, auf dem Computer oder in einer VR Brille. Oder sie spielt ein Videospiel und steuert die von mir verkörperte Figur durch ein Terrain und löst Rätsel.
Ob ich auf der Bühne spiele, vor der Kamera oder für Motion Capture: Immer werden meine Bewegungen registriert. Auf der Bühne von den Menschen mit ihren Körpern (Augen, Ohren, Haut, Herzen), beim Film durch die Kamera und bei MoCap durch Sensoren, die an meinem Körper angebracht sind.
Ich bewege mich also. Ich bewege mich auf einer Bühne oder auf einem Filmset. Ich bewege die Fleischsehnen in meinem Fleischhaus und die Fleischgliedmassen bewegen sich mit. Dahin, wo ich sie haben möchte. So schnell oder langsam oder verzögert oder beschleunigt, wie die Bewegung sein soll. Ich bin Darstellende Künstler*in, trainiert, diese Bewegungen zu vollziehen und auf eine Korrektur von Aussen zu reagieren: “10% dringlicher”, “mit mehr Verantwortungslosigkeit dem Gegenstand gegenüber” oder “die Wut macht dich noch träger”. Ich passe meine Bewegungen an – so, dass sie eine Geschichte erzählen können.
Mein Körper als Instrument. Meine Bewegungen als Klänge dieses Instruments. Mata Hari sagte: “Der Tanz ist ein Gedicht und jede seiner Bewegungen ein Wort.” Ich liebe es, mit meinem Körper Musik zu machen – oder Poesie. Ihn durch verschiedene Musikstile und Genres hindurch zu bewegen, mal etwas poppiger, mal ernst und dramatisch, mal fast existenziell nah, mal wieder leicht und verspielt. Die Qualität meiner Bewegungen hängt davon ab, wie verfügbar ich bin. Was ich zulasse und was ich “durch mich hindurch gehen” lassen kann, um es dann zu spiegeln, das Innere nach Aussen zu kehren, zu zeigen, zu re-präsentieren, was da drin vor sich geht. Durchlässig sein, transparent.
Kann ich ähnlich transparent sein während unterschiedlichen Arbeitsbedingungen? Ist es anders, für Theater zu spielen als für eine Technologie, die “nur” dreidimensionale Koordinaten aufnimmt? Ja! Und nein.
Tanz der Skelette
Mit der Motion Capture-Technologie werden meine Bewegungen “getrackt”, also aufgenommen. Es gibt verschiedene Systeme, eines davon, das optische, funktioniert so: Spezielle Kameras schiessen ein Infrarot-Licht auf mich hinab. Ich trage einen Anzug, der hauteng auf meinem Körper liegt. Auf diesem Anzug sind Marker befestigt. Diese reflektieren das Infrarot-Licht der Kameras. Die Reflexion gibt der dahinterliegenden Software die Information, an welchem Ort sich dieser Marker befindet, zum Beispiel auf meinem Ellbogen oder meinem Bein oder Kopf.
Drei Kameras und sichtbare Punkte braucht es für die Koordinate im Raum für einen Marker – es werden üblicherweise zwischen 30 und 70 Marker an meinem Körper angebracht. Diese Markierungen werden in der Software und dank einer geübten Motion Capture-Person für die Aufnahmen so angeordnet, dass sie einem menschlichen Skelett entsprechen.
Wenn ich also mit dieser Technologie spiele, muss ich wissen: was ich bewege, ist nicht meine Haut, nicht mein Fleisch, nicht meine Wimpern und Lippen und Haare – es sind meine Knochen. Die Gelenke und das Skelett werden nachvollziehbar verfolgt mit den Markierungen. Auf diese Skelett-Bewegungen wird der digitale 3D Körper gelegt.
Je nachdem, wie ich mich bewegt habe, passt das zu dem ausgewählten 3D Mesh (der digitalen Haut) oder eher nicht. Dann passe ich an und erprobe mit der 3D Figur, wie es ist, mit diesem Körper zu gehen: “I am taking the character for a walk.” Ich spaziere mit meiner Figur, ich renne und drehe mich, sprinte, schleiche und stolziere. Welcher Gang passt wohl am besten?
Character-Work mal anders: Ich betrachte dabei die digitale Figur auf einem Bildschirm – oder vertraue der Animationsfachperson, der Regie oder der Person, welche die Daten aufnimmt, ob es wahrhaftig wirkt in 3D. Eitelkeit hat keinen Platz, denn es geht nicht darum, wie ich aussehe, nur, wie die virtuelle Figur aussieht und ob wir ihr glauben, was sie tut.
Schauspiel mit der Motion Capture Technologie ist für mich eine Art, die volle Transparenz der darstellerischen Kunst herzustellen. Es ist ein interessanter Zwischen-Zustand: Ich bin gleichzeitig wahnsinnig unsichtbar als Darsteller*in – es geht nie um mein Gesicht oder wie mein Körper in echt aussieht – und unvergleichbar sichtbar: Jede meiner nervlichen Zuckungen wird registriert, jede Unsicherheit, Gedanken statt Handlungen.
Alles überträgt sich auf das Skelett. Beim Schauspiel mit der Motion Capture Technologie erzählen die Knochen die Wahrheit.
Corinne Soland schreibt im ENSEMBLE zum Leben in einer als Darsteller*in im 21. Jahrhundert. Corinne spielt “Anna” in Neumatt, “Isabelle” in Monsieur Claude und seine Töchter (Bernhard Theater), “Emma” im VR Game Amazing Monster! und spricht als “Jimmy” und “Dimitri” im Guetnachtgschichtli. Corinne lebt in Basel und unterrichtet Motion Capture Schauspiel an interessierte Spielende.
https://ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2023/10/Corinne-Front-MoCap-1.jpg8982000Redaktion ENSEMBLEhttps://www.ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2022/01/ensemble_000-80.svgRedaktion ENSEMBLE2023-10-26 08:47:072023-10-26 09:38:07Tanz der Skelette
Bevor man anderen Grenzen setzen kann, muss man die eigenen Grenzen auch kennen, findet unsere Kolumnistin Stefanie Gygax. In einem Beruf, der mit Emotion, Körper und Nähe arbeitet, muss man für sich selbst eine klare Linie finden, damit man sie auch anderen aufzeigen kann. Text: Stefanie Gygax, professionelle Sängerin & Schauspielerin
„Es tut mir leid, wenn ich den Eindruck hinterlassen habe, dass du mich so behandeln darfst“. Wenn wir davon ausgehen, dass alle unsere Handlungen aus Aktion und Reaktion bestehen, ist diese Aussage sowas von genial. Wenn du von jemandem nicht so behandelt wirst, wie du es dir wünschst, dann überlege dir, inwiefern dein Verhalten oder dein So-Sein da hineinspielt.
Grenzen zu setzen beginnt nicht in deinem Umfeld, nicht bei der Arbeit, es beginnt bei dir selbst. Hast du schonmal versucht, deinen Gedanken Grenzen zu setzen? Ich trainiere dies seit ein paar Jahren, weil ich es so geschafft habe, meine Panik-Attacken „zurückzuweisen“. Wir können unsere Gedanken lenken, ihre Richtung ändern, sie weg schicken, in dem wir sie bewusst wahrnehmen und entsprechend handeln. Ich mache es so, dass ich mit ihnen rede und ihnen sage, was mir nicht gefällt und was ich mir wünsche.
Dann habe ich angefangen, das bei meinem Gegenüber anzuwenden. Dies klingt zwar banal und selbstverständlich, ist es aber leider ganz und gar nicht. Und wisst ihr, was das Absurdeste daran ist? Dieses Verhalten hat mein Leben nicht leichter gemacht, sondern konfrontiert mich jeden Tag mit Menschen, die mich ganz und gar nicht verstehen und die ganz Verrückten behaupten, dass ich falsch liege, mit dem was ich empfinde.
Wann muss ich Stop sagen?
Ein schönes Beispiel ereignete sich gerade erst in diesem Jahr. Ich arbeitete seit 1.5 Jahren mit einem Kirchenmusiker, der mich immer wieder als Sängerin engagierte. Er war so begeistert von unserer Zusammenarbeit, dass er eine Konzertreihe organisierte. Es kamen immer mehr SMS, weil ja viel geplant werden musste, aber nun vermehrten sich auch die persönlichen Fragen und Berichte. Nun gut, Menschen mögen ja Ver-bindung, dann macht die Arbeit auch mehr Spass?
Okay, jetzt musste plötzlich mehr besprochen werden, also wurde ich zu einer Sitzung zu ihm nach Hause berufen. Zu dieser Zeit fragte ich mich gar nicht, warum der Organist nicht dabei ist. Nun gut, es ging um die Lektion, die ich lernen musste. Und weiter gings, die Begrüssungen, welche ich gerne herzlich in einer Umarmung pflege, wurden erweitert mit einem Kuss auf Ohr oder Hals. Beim ersten Mal dachte ich, das war ein ungeschicktes Manöver, aber nach dem zweiten/dritten Mal war ich wie gelähmt…ich konnte ihn nicht direkt damit konfrontieren.
Normalerweise habe ich damit keine Probleme, wenn die Anmache offensichtlich ist, aber so war das irgendwie total harmlos, aber doch grenzüberschreitend, aber er verhielt sich eigentlich normal und seine Partnerin kannte ich ja auch schon.
OKAY STOP!!!
In welchem Abschnitt dieser Entwicklung hätte ich die Grenze klar setzen müssen. Wann hättest du reagiert und wie? Ich begann die Zügel wieder in meine Hand zu nehmen. Eine Sitzung zu Zweit, von mir aus, aber in einem Cafe. SMS von mir aus, aber bitte nur auf die Arbeit bezogen. Begrüssungen nur noch mit Kopf nicken. Ihr glaubt es nicht, er hat mir dann tatsächlich ein Mail geschrieben, dass er es komisch findet, mal Umarmung, mal nicht, er wolle eine klare Linie und ich solle sagen, wie ich das handhaben will.
Nichts lieber als das, kein Körperkontakt, keine Umarmung. Die Absurditäten nahmen ihren Lauf und je mehr ich meine Grenzen kommunizierte, immer ruhig und anständig wohl bemerkt, desto mehr kochte es in ihm. In einer Nachricht schrieb er, dass ich einen super Job mache, das stützt alle, aber es gibt halt da noch anderes.
WOW meine Damen und Herren, Grenzen setzen macht nicht immer Spass, weil man die Mitmenschen manchmal in die Schranken weisen muss und das mögen grosse Egos ganz und gar nicht. Die ersten 1,5 Jahre verstanden wir uns super, solange es so lief, wie er sich das vorgestellt hatte. Ein halbes Jahr lang durfte ich aber noch an dieser Situation üben, zu sagen, was ich nicht in Ordnung finde. Als Reaktion auf die Halsküsse kam nur, ich hätte das direkt sagen müssen, wenn mir das nicht gefallen hat. Er hatte ja sowas von
Recht.
In unserem Beruf gibt es so viele Grenzüberschreitungen und Machtmissbräuche, zum einen, weil wir mit unseren Körpern, Stimmen Gefühlen arbeiten, zum anderen, weil oft straffe Hierarchien herrschen. Aber ich bitte euch, wehrt euch, steht auf für eure Kollegen und für euch selbst. Wir tun es alle noch viel zu wenig. Nicht mit Wut, nicht mit Zweifel, sondern mit Loyalität und ruhigem Gewissen, weil wir für unseren Wert einstehen.
Stefanie Gygax ist professionelle Sängerin & Schauspielerin, Mitglied bei SzeneSchweiz und schreibt monatlich über Herausforderungen und Erlebnisse im Berufsalltag vor, hinter und neben der Bühne. Hier gibts mehr zu ihr.
Die Mehrheit der Schweizer darstellende Künstler*innen kann trotz langer Ausbildung und intensiven Arbeitszeiten von ihrem Beruf nicht leben. Salva Leutenegger, Geschäftsführerin SzeneSchweiz, ist wütend und sucht trotzdem nach einvernehmlichen Lösungen.
Frau Leutenegger, in den USA streiken die Schauspieler*innen. Laut einer aktuellen Umfrage von SzeneSchweiz geht es den Darsteller*innen in der Schweiz finanziell ebenfalls nicht rosig. Was hat die Umfrage zutage gefördert?
Unsere Lohnumfrage, die wir an alle unsere freischaffenden wie auch festangestellten Mitglieder geschickt hatten, bestätigt unsere Erfahrungswerte. Darstellende Künstler*innen hätten auch hier Grund zu streiken, auch wenn hier – anders als in den USA – die Kulturförderung eine staatliche und kantonale Aufgabe ist. Fast die Hälfte der freischaffenden** Profis bewegt sich im Lohnband zwischen CHF 18’000 – 25’000 jährlich.
Das ist für ein reiches Land mehr als beschämend. Bei den Festangestellten an den subventionierten Häusern verdient die Hälfte CHF 51’000 – 70’000. Die Freischaffenden geben ausserdem zu 86% an, dass sie fürs Überleben sogenannte Brotjobs brauchen. Hochqualifizierte (die allermeisten mit Masterabschluss) müssen in der Gastronomie, im Verkauf etc. arbeiten, damit sie ihre Rechnungen zahlen können. Das ist Zeit, die in ihrem kreativen Beruf fehlt.
**Freischaffende darstellende Künstler*innen arbeiten im Arbeitsverhältnis, sie werden für künstlerische Produktionen befristet angestellt.
Kann man Ursachen dafür erkennen?
Überrascht haben uns die Angaben zum Anteil der unbezahlten Arbeit in der darstellenden Kunst. Die Hälfte der freischaffenden Schauspieler*innen, Tänzer*innen und Sänger*innen geben an, zwischen 30 und 50% unbezahlte Vor- und Nachbearbeitungszeit zu haben. Man muss kein Zahlenakrobat sein, um zu erkennen, dass Künstler*innen unendlich viel arbeiten und sehr wenig verdienen.
SzeneSchweiz hat mit dem Sozialpartner SBV (Schweizerischer Bühnenverband) einen Gesamtarbeitsvertrag ausgehandelt. Was sind da die Grundlagen und wo gibt es Spielraum oder Verbesserungspotential?
An den Häusern mit Gesamtarbeitsvertrag (GAV) haben Künstler*innen soziale Sicherheit, lange Kündigungsfristen und ein regelmässiges Einkommen. Auch die Freischaffenden, die für Produktionen beigezogen werden, arbeiten befristet unter dem Schutz des GAV.
Die Sozialpartner SBV (Schweizerischer Bühnenverband) und SzeneSchweiz treffen sich jährlich, um paritätisch die Mindestgagen festzulegen. Leider bleiben zu viele Künstler*innen zu lange ohne nennenswerte Lohnkarriere auf der Mindestgage sitzen. Hier sehen wir einen dringenden Handlungsbedarf, den wir zwar bereits besprochen haben, aber wir möchten im Rahmen der Sozialpartnerschaft eine tragende Rolle spielen.
Wie unterscheidet sich die Schweizer Branche von zB USA oder Europa?
Natürlich gibt es europäische Länder, wo Künstler*innen noch mehr leiden als unsere. Während z.B. in den USA Kulturförderung privatisiert ist, hat sich die Schweiz die Kulturförderung sozusagen auf die Fahne geschrieben. Die Filmförderung wird fast ausschliesslich vom Bund gefördert, die GAV-Theaterhäuser haben Subventionsverträge mit Städten resp. Kantonen.
Auch Stiftungen unterstützen Kulturprojekte, u.a. aus der freien Szene. Das viersprachige Land hat eine ganz besondere Verantwortung, die kulturelle Vielfalt der Sprachregionen zu fördern und zu schützen, weshalb Vergleiche mit anderen Ländern immer etwas schwierig sind.
«… von öffentlichen Geldern und vom zahlenden Publikum abhängig»
Am Theater Basel kam es kürzlich zu einer Protestaktion der Unia. SzeneSchweiz war darüber nicht erfreut. Können Sie uns ausführen, warum die Ensembles von Kampfmassnahmen absehen sollten?
Gerade weil die Kultur in der Schweiz institutionalisiert gefördert wird, ist es schwierig, den direkten Arbeitnehmer vs. Arbeitgeber-Kampf zu führen. Die Arbeitgeber sind Kulturinstitutionen, die von öffentlichen Geldern und vom zahlenden Publikum abhängig sind. Die Protestaktionen auf der Bühne des Theater Basel haben zwar kurzfristig höhere Löhne zur Folge gehabt, aber die mittel- bis langfristigen Konsequenzen könnten weniger positiv sein. Das Publikum war zum Teil irritiert und überfordert.
Die Aktionen haben auch rechte, nicht immer kulturfreundliche Parteien auf den Plan gerufen. Unser Land ist bürgerlich bis rechtsbürgerlich regiert, Streiks und Arbeitnehmerproteste sind für solche Kreise des Teufels. Weil SzeneSchweiz Kürzungen von Fördermitteln nicht riskieren will, ziehen wir den sozialpartnerschaftlichen Dialog und Verhandlungen den Streiks vor.
Laut der Umfrage gibt es den Gender-Gap auch bei Darsteller*innen. Können Sie uns etwas über die Gründe dafür sagen?
Ja, auch in der darstellenden Kunst gibt es einen Gender-Gap – vor allem bei den Freischaffenden. Er ist zwar nicht so gross wie in anderen Branchen, aber im mittleren Alterssegment von 30-49 Jahren verdienen 5% Prozent mehr Männer als Frauen CHF 70’000 und mehr. Bei der Altersgruppe 50-65 Jahren liegt der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen zwischen 5 bis 10%.
In der Schweiz hängt die Kulturfinanzierung sehr von Subventionen ab. Reichen die Gelder nicht oder werden sie falsch verteilt, wenn ganz klar ein grosser Teil der Künstler*innen nicht vom Einkommen leben kann?
Natürlich könnten die Subventionen grundsätzlich höher sein. Aber ich glaube nicht, dass sich an der Prioritätensetzung etwas ändern würde. Das heisst, dass die Künstler*innen stets am Ende der Nahrungskette sind.
Diesen Missstand dürfen wir nicht länger hinnehmen, die künstlerische Arbeit muss unbedingt aufgewertet und im Budget priorisiert werden. Ein sehr aufwändiges und teures Bühnenbild ist sicher schön, aber letztlich sind die Menschen die tragenden Säulen der darstellenden Kunst.
Was sind die nächsten Schritte von SzeneSchweiz, um die Situation in der Branche zu verbessern?
Wir wollen im Bereich der Subventionen die Kulturschaffenden, Theaterhäuser, Veranstalter etc. stärker unterstützen. Ein erster Schritt wird sein, unseren Sozialpartner zu überzeugen, dass SzeneSchweiz bei den Subventionsverträgen mitwirken soll.
https://ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2023/09/Salva.jpg14822000Redaktion ENSEMBLEhttps://www.ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2022/01/ensemble_000-80.svgRedaktion ENSEMBLE2023-09-04 08:42:042023-09-18 10:50:50«Diesen Missstand dürfen wir nicht länger hinnehmen!»
La maggior parte degli artisti svizzeri non riesce a vivere della propria professione nonostante la lunga formazione e gli intensi orari di lavoro. Salva Leutenegger, direttrice di ScenaSvizzera, è furiosa ma sta ancora cercando soluzioni amichevoli.
Per ENSEMBLE, ha intervistato Reda El Arbi / Tradotto dalla versione originale tedesca
Signora Leutenegger, negli Stati Uniti gli attori e le attrici sono in sciopero. Secondo un recente sondaggio di ScenaSvizzera, anche in Svizzera gli attori non se la passano bene dal punto di vista economico. Che cosa ha rivelato il sondaggio?
Il nostro sondaggio sui salari, che abbiamo inviato a tutti i nostri membri freelance e dipendenti fissi , conferma la nostra esperienza. Anche gli artisti dello spettacolo avrebbero motivo di scioperare, anche se qui – a differenza degli Stati Uniti – il finanziamento della cultura è compito dello Stato e dei Cantoni. Quasi la metà dei liberi professionisti** è pagata tra i 18.000 e i 25.000 franchi all’anno.
Questo è più che vergognoso per un Paese ricco. La metà dei dipendenti fissi dei teatri sovvenzionati guadagna 51.000-70.000 franchi. L’86% dei freelance dichiara inoltre di aver bisogno di un lavoro secondario per sopravvivere. Le persone altamente qualificate (la maggior parte con un master) devono lavorare nella ristorazione, nelle vendite, ecc. per poter pagare le bollette. Si tratta di tempo che manca alla loro professione creativa.
**Gli artisti freelance lavorano in un rapporto di lavoro, sono impiegati per produzioni artistiche su base temporanea.
Si possono individuare le cause di questo fenomeno?
Siamo rimasti sorpresi dai dati sulla percentuale di lavoro non retribuito nelle arti dello spettacolo. La metà degli attori, dei ballerini e dei cantanti freelance dichiara di avere tra il 30 e il 50% di tempo pre e post-produzione non retribuito. Non c’è bisogno di essere un esperto di numeri per capire che gli artisti lavorano all’infinito e guadagnano molto poco.
ScenaSvizzera ha negoziato un contratto collettivo di lavoro con il partner sociale SBV (Unione dei Teatri Svizzeri). Quali sono le basi e dove c’è spazio di manovra o potenziale di miglioramento?
Nei teatri con contratto collettivo di lavoro (CCL), gli artisti godono di sicurezza sociale, ci sono lunghi periodi di preavviso per disdire i contratti e ricevono un reddito regolare. Anche i freelance che vengono chiamati per le produzioni, lavorano per un periodo limitato sotto la protezione del CCL.
I partner sociali SBV (Unione dei Teatri Svizzeri) e ScenaSvizzera si incontrano ogni anno per fissare i salari minimi su base paritaria. Purtroppo, troppi artisti si fermano al salario minimo per troppo tempo senza fare carriera. Vediamo l’urgente necessità di un intervento, di cui abbiamo già discusso, ma vorremmo svolgere un ruolo di primo piano nell’ambito del partenariato sociale.
In che modo si differenzia il settore svizzero, ad esempio, da quello statunitense o europeo?
Naturalmente, ci sono Paesi europei in cui gli artisti soffrono ancora più dei nostri. Mentre negli Stati Uniti, ad esempio, la promozione culturale è privatizzata, la Svizzera ha sposato la causa della promozione della cultura, per così dire. La promozione cinematografica è finanziata quasi esclusivamente dalla Confederazione, i Teatri sotto il CCL hanno contratti di sovvenzione con città e cantoni.
Anche fondazioni sostengono progetti culturali, tra cui dalla scena indipendente. Il Paese quadrilingue ha una responsabilità molto particolare nel promuovere e proteggere la diversità culturale delle regioni linguistiche, motivo per cui i confronti con altri Paesi sono sempre un po‘ difficili.
„… dipendente dai fondi pubblici e dal pubblico pagante“.
Recentemente c’è stata un’azione di protesta di Unia al teatro di Basilea. ScenaSvizzera non ne è stata contenta. Può spiegare perché gli ensemble dovrebbero astenersi dalle misure di lotta?
Proprio perché la cultura in Svizzera è sostenuta in modo istituzionalizzato, è difficile condurre una battaglia diretta tra dipendenti e datori di lavoro. I datori di lavoro sono le istituzioni culturali che dipendono dai fondi pubblici e dal pubblico pagante. Le azioni di protesta sul palcoscenico del Theater Basel possono aver portato a un aumento dei salari nel breve periodo, ma le conseguenze a medio e lungo termine potrebbero essere meno positive. Il pubblico era in parte irritato e sopraffatto.
Le azioni hanno anche portato sulla scena partiti di destra, non sempre favorevoli alla cultura. Il nostro Paese è governato da partiti borghesi o di destra, gli scioperi e le proteste dei lavoratori non sono graditi in questi ambienti. Poiché ScenaSvizzera non vuole rischiare tagli ai finanziamenti, preferiamo il dialogo sociale e i negoziati agli scioperi.
Secondo l’indagine, il divario di genere esiste anche tra gli artisti. Può dirci qualcosa sulle ragioni di questo fenomeno?
Sì, esiste anche un divario di genere nelle arti dello spettacolo, soprattutto tra i freelance. Non è così grande come in altri settori, ma nella fascia di età media tra i 30 e i 49 anni, il 5% in più di uomini rispetto alle donne guadagna 70.000 franchi svizzeri e oltre. Nella fascia di età 50-65 anni, la differenza di reddito tra uomini e donne è compresa tra il 5 e il 10%.
In Svizzera, il finanziamento della cultura dipende molto dalle sovvenzioni. Il denaro non è sufficiente o è distribuito in modo sbagliato quando è evidente che gran parte degli artisti non può vivere con il proprio reddito?
Naturalmente, in linea di principio, i sussidi potrebbero essere più alti. Ma non credo che le priorità cambierebbero. Ciò significa che gli artisti sono sempre in fondo alla catena alimentare.
Non possiamo più accettare questo stato di cose deplorevole: è assolutamente necessario che il lavoro artistico venga migliorato e inserito nel bilancio come priorità. Una scenografia molto elaborata e costosa è certamente bella, ma alla fine le persone sono i pilastri portanti delle arti dello spettacolo.
Quali sono i prossimi passi di ScenaSvizzera per migliorare la situazione del settore?
Nell’ambito delle sovvenzioni, vogliamo sostenere maggiormente gli operatori culturali, i teatri, gli organizzatori di eventi, ecc. Un primo passo sarà quello di convincere il nostro partner sociale a coinvolgere ScenaSvizzera nei contratti di sovvenzione.
https://ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2023/09/Salva.jpg14822000Redaktion ENSEMBLEhttps://www.ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2022/01/ensemble_000-80.svgRedaktion ENSEMBLE2023-09-04 02:51:262023-09-18 12:16:56«Non possiamo più tollerare questo deplorevole stato di cose!»
La majorité des artistes suisses du spectacle ne peuvent pas vivre de leur métier malgré une longue formation et des horaires de travail intenses. Salva Leutenegger, directrice de ScèneSuisse, est en colère et cherche malgré tout des solutions à l’amiable.
Interview de Reda El Arbi pour ENSEMBLE / Traduit de la version originale allemande
Madame Leutenegger, aux États-Unis, les acteurs·trices sont en grève. Selon un récent sondage de ScèneSuisse, la situation financière des artistes du spectacle en Suisse n’est pas brillante non plus. Qu’a révélé ce sondage ?
Notre enquête sur les salaires, que nous avons envoyée à tous nos membres, employés permanents et intermittents, confirme nos constatations. En Suisse aussi, les artistes du spectacle auraient des raisons de faire grève, même si, contrairement aux États-Unis, l’encouragement de la culture est une tâche de l’État et des cantons. Près de la moitié des professionnels intermittents* évoluent dans une fourchette de salaire comprise entre 18’000 et 25’000 CHF par an.
C’est une situation des plus honteuses pour un pays riche. Parmi les employé·e·s fixes des maisons subventionnées, la moitié gagne entre 51’000 et 70’000 CHF. Les intermittent·e·s déclarent en outre à 86% avoir besoin d’avoir un travail alimentaire pour survivre. Des personnes hautement qualifiées (la grande majorité ayant un master) doivent travailler dans la restauration, la vente, etc. pour pouvoir payer leurs factures. C’est du temps qui manque dans leur activité créative.
*Les artistes du spectacle intermittents travaillent sous statut de salarié, ils sont engagés pour une durée déterminée pour des productions artistiques.
Peut-on en identifier les causes ?
Nous avons été surpris par les données relatives à la part de travail non rémunéré dans les arts du spectacle. La moitié des comédiens·ennes, danseurs·euses et chanteurs·euses indépendant·e·s indiquent avoir entre 30 et 50% de temps de préparation et de finition non rémunéré. Il n’est pas nécessaire d’être un acrobate des chiffres pour se rendre compte que les artistes travaillent sans compter et gagnent très peu.
ScèneSuisse a négocié une convention collective de travail avec son partenaire social, l’UTS (Union des théâtres suisses). Quelles en sont les bases et où y a-t-il une marge de manœuvre ou un potentiel d’amélioration ? Dans les maisons dotées d’une convention collective de travail (CCT), les artistes* bénéficient d’une sécurité sociale, de longs délais de préavis et d’un revenu régulier. Les intermittents auxquels il est fait appel pour des productions travaillent également pour une durée limitée sous la protection de la CCT.
Les partenaires sociaux UTS (Union des Théâtres Suisses) et ScèneSuisse se rencontrent chaque année pour fixer de manière paritaire les salaires minimaux. Malheureusement, trop d’artistes restent trop longtemps bloqués sur le salaire minimum sans faire de carrière salariale significative. Nous estimons qu’il est urgent d’agir dans ce domaine, et même si nous en avons déjà discuté, nous souhaitons jouer un rôle prépondérant dans le cadre du partenariat social.
En quoi la branche suisse se distingue-t-elle de celle des États-Unis ou de l’Europe, par exemple ?
Bien sûr, il y a des pays européens où les artistes souffrent encore plus que chez nous. Alors qu’aux États-Unis, par exemple, l’encouragement de la culture est privatisé, la Suisse a pour ainsi dire fait de l’encouragement de la culture son cheval de bataille. La promotion du cinéma est presque exclusivement soutenue par la Confédération, les théâtres CCT ont des contrats de subvention avec les villes ou les cantons.
Des fondations soutiennent également des projets culturels, entre autres de la scène indépendante. Le pays quadrilingue a la responsabilité toute particulière de promouvoir et de protéger la diversité culturelle des régions linguistiques, raison pour laquelle la comparaison avec d’autres pays est toujours un peu difficile.
… dépendant de l’argent public et du public payant
Le Théâtre de Bâle a récemment été le cadre d’une action de protestation d’Unia. ScèneSuisse ne s’en est pas réjoui. Pouvez-vous nous expliquer pourquoi les ensembles devraient s’abstenir de toute mesure de lutte ?
C’est justement parce que la culture est encouragée de manière institutionnalisée en Suisse qu’il est difficile de mener une lutte directe entre employés et employeurs. Les employeurs sont des institutions culturelles qui dépendent de l’argent public et du public payant. Les actions de protestation sur la scène du Théâtre de Bâle ont certes entraîné une hausse des salaires à court terme, mais les conséquences à moyen et long terme pourraient être moins positives. Une part du public était irritée et dépassée par les événements.
Ces actions ont également fait réagir les partis de droite, pas toujours favorables à la culture. Notre pays est gouverné par le centre droit et la droite conservatrice, les grèves et les protestations des travailleurs sont l’œuvre du diable pour ces milieux. Comme ScèneSuisse ne veut pas risquer des coupes dans les subventions, nous préférons le dialogue et les négociations entre partenaires sociaux aux grèves.
Selon l’enquête, l’écart entre les sexes existe aussi chez les acteurs. Pouvez-vous nous en dire un peu plus sur les raisons de ce phénomène ? Oui, il y a aussi un écart entre les sexes dans les arts du spectacle – surtout chez les intermittents. Il n’est certes pas aussi important que dans d’autres secteurs, mais dans la tranche d’âge moyenne de 30 à 49 ans, les hommes sont 5% plus nombreux que les femmes à gagner 70 000 CHF et plus. Dans la tranche d’âge 50-65 ans, la différence de revenus entre hommes et femmes se situe entre 5 et 10%.
En Suisse, le financement de la culture dépend beaucoup des subventions. Les fonds ne suffisent-ils pas ou sont-ils mal répartis, puisqu’il est clair qu’une grande partie des artistes ne peuvent pas vivre de leurs revenus ?
Bien sûr, les subventions pourraient en principe être plus élevées. Mais je ne pense pas que cela changerait quoi que ce soit à la définition des priorités. Les artistes seront toujours en bas de la chaîne alimentaire.
Nous ne pouvons plus accepter cette situation, le travail artistique doit absolument être revalorisé et priorisé dans le budget. Un décor très élaboré et coûteux est certes beau, mais en fin de compte, ce sont les êtres humains qui sont les piliers des arts de la scène.
Quelles sont les prochaines étapes de ScèneSuisse pour améliorer la situation dans la branche ?
Dans le domaine des subventions, nous voulons soutenir davantage les acteurs culturels, les théâtres, les organisateurs, etc. Une première étape consistera à convaincre notre partenaire social que Scène Suisse doit participer aux contrats de subventionnement.
https://ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2023/09/Salva.jpg14822000Redaktion ENSEMBLEhttps://www.ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2022/01/ensemble_000-80.svgRedaktion ENSEMBLE2023-09-04 01:58:322023-09-18 12:16:21«Nous ne pouvons plus tolérer cette situation inacceptable!»
Corinne Soland führt uns mit der neuen, regelmässigen Kolumne in die Zukunft der darstellenden Künste – vorbei an Ängsten, Kämpfen, Abenteuern und vielen, vielen neuen Möglichkeiten.
Ich sitze gerade auf dem Boden in der Eingangshalle des Los Angeles Convention Center. Hier bin ich nahe an einer Steckdose. Mein Computer hatte keinen Strom mehr und ich wollte unbedingt noch an dieser Kolumne schreiben. “Die Zukunft des Schauspiels” – was könnte das sein? Ich spiele als darstellende Person abwechselnd in Theater, Film und neuen Medien. Games zum Beispiel oder Virtual Reality.
Um mich herum findet die SIGGRAPH, die grösste Konferenz für Computergrafik, statt. Was das mit Schauspiel zu tun hat? Hier knüpfe ich neue Kontakte zu Motion Capture Studios, mit denen ich gerne zusammenarbeiten möchte. Die Konferenz existiert seit 1974, es gibt Präsentationen zu bestehenden Technologien und Einblicke in zukünftige Ansätze zur Visualisierung von Geschichten mithilfe von Computern.
Werden wir bald durch künstliche Intelligenz ersetzt?
Das klingt jetzt alles etwas nerdig – der Grund, weshalb ich mich in diese Vorträge setze, ist folgender: Mich beschäftigt, was mit unserer Branche passiert. Welchen Stellenwert haben Schauspielende in zukünftigen audiovisuellen Produkten? Werden wir bald durch Künstliche Intelligenz ersetzt? Werden unsere Stimmen kopiert und verlieren wir dann vielleicht auch unsere Sprech-Jobs? Verlieren wir die Rechte an unserem Aussehen, unseren Bewegungen, unserer Identität?
Diese Fragen treiben aktuell hunderte streikende Schauspielende in Hollywood um. Ihr seht sie auf euren Social Media Profilen, wie sie ihre Schilder hochhalten und protestieren. Sie stehen hier in LA jeden Tag vor den grossen Studios, beharren seit mehr als 100 Tagen darauf, für die digitale Weiterverwendung ihrer biometrischen Daten fair entschädigt zu werden.
Und wir verstehen sie, wir sind wütend mit ihnen, wir denken: Genau! Wieso verdiene ich knapp 2000 Franken an einem Scan von mir, den irgendeine Firma dann ohne Buyout für den Rest meines Lebens weiterverwenden kann? Ich rede hier von den Grossen, von Disney, Netflix, Universal, Meta. Die kleinen Studios, a24 zum Beispiel, haben schnell auf Interimslösungen mit dem Berufsverband SAG-AFTRA eingewilligt. Auch, weil sie sich einen Drehstopp nicht leisten können.
KI ist nicht das Problem. Ohne Regulierungen jedoch verstärkt sie Ungerechtigkeiten.
Hier an der Konferenz haben die Visual Effects-Menschen eines der grössten kommerziellen Unternehmen – Marvel – angekündigt, dass sie einen Verband gründen wollen. Die Menschen, die mit unseren Gesichtern, unseren Daten und unseren Stimmen direkt arbeiten, erleben die Auswirkungen von weiterentwickelter Technologie meistens noch vor uns Spielenden. Ihre Jobs sind auch in Gefahr, wenn Studios die Effekte von einer KI machen lassen. Auch sie reagieren nun darauf – mit dem Willen, für ihre Rechte einzustehen. Den Wert ihrer Arbeit soll anerkannt und anständig entlohnt werden.
Auf den Panels wird gesagt: “Im Grunde genommen ist Künstliche Intelligenz als Tool nur ein Problem, weil die Effizienz im Vordergrund steht.” Mit KI soll nämlich alles noch schneller gehen, mit weniger Schlaufen, die Kosten verursachen. Es ist also nicht die Technologie selbst, die den Künstler*innen als Erstes Sorgen macht, sondern wie sie angewandt wird, von wem und zu welchem Zweck. KI ist nicht das Problem. Ohne Regulierungen jedoch verstärkt sie Ungerechtigkeiten.
Deshalb bin ich an dieser Konferenz: Um zu verstehen.
Ich persönlich informiere mich gerne, wenn etwas auf mich zukommt, was mir Angst macht. Wenn ich es von näherem betrachte, ist es meistens nicht so gruselig. (Oder noch viel gruseliger, zugegeben.) Auf jeden Fall kann ich mir ein Bild machen und verstehe vielleicht eher, worum es eigentlich geht. Dann kann ich Verantwortung übernehmen für meine Ängste und Sorgen. Deshalb bin ich an dieser Konferenz – um zu verstehen. Was ich bisher herausgefunden habe ist, dass alle – auch die Grafiker*innen und Techniker*innen – Regulierungen möchten.
Erste Bewegungen in diese Richtung gibt es international und auch in der Schweiz. Die Vereinigung professioneller Sprecherinnen und Sprecher der Schweiz (VPS-ASP)hat in Zusammenarbeit mit der UVA (United Voice Artists) ein Manifest herausgegeben. Damit wollen sie unter anderem eng mit Entscheidungsträger*innen zusammenzuarbeiten, um Vorschriften zu erlassen, die den Einsatz von KI-Technologien mit der menschlichen Kreativität sowie den Datenschutzbestimmungen und den Rechten der Künstler*innen, in Einklang bringen.
Alle Forderungen sind ausformuliert einsehbar auf der VPS Website www.vps-asp.ch/about/news > AI Manifest. Diese Bestrebungen sind unbedingt unterstützenswert. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir Darstellenden auf der ganz eigenen, persönlichen Ebene Verantwortung übernehmen: unsere neuen Verträge ganz genau lesen, uns über KI informieren (wie funktioniert denn eine synthetische Stimme? dazu bald mehr) und im gegenseitigen Austausch bleiben über Erfahrungen aus dem Berufsalltag.
Tätigkeit immer wieder neu erfinden!
Die Zukunft des Schauspiels! Sie ist also da. Oder fängt sie gerade erst an – morgen? Jä nei – haben wir sie vielleicht bereits verpasst! Darstellende Künstler*innen haben seit jeher ihre Existenz und Tätigkeit immer wieder neu erfunden! Spielende stellen ihre Zeit, ihre menschliche Wärme, ihre dringlichen Anliegen, Sorgen, Ängste, Zweifel, Nöte, Beschwingtheit, ihre unendliche Tiefe des Glücks über ein Wort oder einen perfekt beleuchteten Augenblick dem Publikum zur Verfügung.
Sie teilen, was sie haben und werden immer noch unterbezahlt – vielleicht ändert sich das in Zukunft? Noch immer kämpfen Darsteller*innen dafür, dass ihr Beruf und die Familie irgendwann vereinbar werden. Mit Bangen blicken manche Spielende ihrer Rente und einer eventuellen Altersarmut entgegen. Ich möchte mich mit euch unterhalten: Green Producing, Machtverhältnisse, Stereotyp/innen – was sind eure Fragen an die Zukunft der Darstellenden Künste? Schreibt mir in die Kommentare! Ich freue mich darauf, Monat um Monat etwas anderes aufzudröseln.
Corinne Soland schreibt im ENSEMBLE zur Zukunft des Schauspiels. Corinne spielt “Anna” in Neumatt, “Isabelle” in Monsieur Claude und seine Töchter (Bernhard Theater), “Emma” im VR Game Amazing Monster! und spricht als “Jimmy” und “Dimitri” im Guetnachtgschichtli. Corinne lebt in Basel und unterrichtet Motion Capture Schauspiel an interessierte Spielende.
Nachdem die NoBillag-Initiative vom Volk wuchtig versenkt wurde, haben sich die Gegner*innen des Service Public für ein paar Jahre die Wunden geleckt. Jetzt sind sie zurück mit der Halbierungsinitiative, einem weiteren Angriff auf Medien und Kultur.
Heute, am 10. August, reichen die Initianten aus dem rechtslibertären Spektrum die Initiative ein, die die Finanzierung der SRG halbieren soll. Als Scheinargument für die Definanzierung dienen die „hohen Abgaben“ für die SRG. Dies ist jedoch nur vorgeschoben. Den Initianten geht es in erster Linie um die Kontrolle der Medien. Und da die SRG weder von links noch von rechts kontrolliert werden kann – das ist zentral in der Organisation des Medienunternehmens – läuft jetzt der zweite Versuch, die SRG zu zerstören. Denn: Was man nicht kontrollieren kann, macht man kaputt.
Für uns, SzeneSchweiz, hat es aber viel mehr Gewicht als nur ein medienpolitisches: Von der SRG und ihren Partnern kommt grosse Unterstützung in die Kulturlandschaft Schweiz. Viele Produktionen wären ohne die Gelder aus dem Service Public gar nicht machbar. Kappt man der SRG die Lebensader, zerstört man auch einen wichtigen Teil der Schweizer Filmproduktionen und der Schweizer Kultur. Und nicht nur die Produktionen, auch der Zugang zur Kultur findet für viele Schweizer*innen über die SRG statt: Ob Theater, Konzert, Lesung, Kritik – die Berichterstattung über das kulturelle Leben, die kulturelle Vielfalt der Schweiz, findet auf den Sendern der SRG statt.
Es ist klar, dass die Initianten keinen Wert auf Schweizer Kultur legen, dass Produktionen, die ideelle Werte oder Nischenunterhaltung bringen, keinen Gewinn und damit in einer rein materiellen Weltsicht, keinen Wert haben. Das war damals bei der NoBillag ersichtlich und es zeigt sich auch heute wieder.
(Weiter nach dem Bild)
Reiner Trotz: Die NoBillag ging verloren, nun versuchen die Initianten das Gleiche nochmals.
Ein weiteres, libertäres Argument ist, wie schon bei der NoBillag-Initiative, dass private Medien ein Grossteil der Angebote besser und marktgerechter produzieren könnte. Und genau da merkt man den dissozialen Ansatz. Kein Marktmedium würde Nischenprogramme oder nur schon einen Service in Rumantsch anbieten, weil man damit einfach kein Geld verdienen kann.
Im Hintergrund unterstützt werden die Initianten von Medienhäusern, die sich von einer geschwächten SRG einen grösseren Anteil am Schweizer Medienkuchen versprechen. Aber man kann sicher sein: Die werden die volle Breite der Schweizer Kultur und der Schweizer Interessen nicht abbilden. Damit lässt sich nämlich kein Geld verdienen. Sonst bräuchte es die finanzielle Unterstützung für die SRG nämlich gar nicht.
Diejenigen, die damals eine Niederlage einstecken mussten, sind schlechte Verlierer. Sie versuchen, mit den gleichen, unredlichen Argumenten, die gleiche unrühmliche Angelegenheit nochmals vors Volk zu bringen. Mit viel Geld und einer antisozialen und antikulturellen Agenda.
Es ist uns bewusst, dass es mühsam ist, all die Argumente nochmals laut zu verkünden, aber wir bitten euch, das NEIN-Komitee zu unterstützen.
SzeneSchweiz Berufsverband Darstellende Künste hat die Petition „Rettet STOK & KELLER62“ auf ACT, der Petitionsplattform von Campax, gestartet. Campax ist eine Bewegung, bei der sich über 250’000 Engagierte für soziale, wirtschaftliche & ökologische Fairness einsetzen.
Folgendes Communiqueé wurde den Unterzeichnenden am 3. Juli geschickt:
Liebe Unterstützer*innen!
Euer Einsatz für den Erhalt der beiden Zürcher Kleintheater ist auch heute überwältigend und einmalig. Danke.
Am vergangenen Mittwoch war es so weit und wir haben uns vor dem Rathaus Hard getroffen, um in Anwesenheit der Medien unsere Petition an die Stadtpräsidentin zu übergeben. Frau Mauch ist nun um 6247 Unterschriften reicher. Und wir geben alles, damit sie damit auch das Richtige anstellt. Sie ist per Gesetz verpflichtet, auf die Petition innerhalb von 6 Monaten zu antworten. Warten wir ab.
Ein weiterer Schritt auf dem noch langen Weg zur Rettung von Theater STOK und Keller62 ist getan. Grosser Dank geht an alle, die helfen, an alle, die vor dem Rathaus dabei waren und mitgeholfen haben und an alle, die unterschrieben haben! Ein grosser Dank geht auch an die Medien, die unsere Sache von Anfang an für wichtig halten und sie ausdauernd und sehr gut begleiten.
Die nächsten Schritte sehen wie folgt aus. Der Rekurs-Prozess ist im vollen Gange. Am Ende entscheidet der Bezirksrat und gibt den beiden Rekursen statt oder weist sie ab. Im Falle einer Abweisung steht uns der weitere Rechtsweg offen.
Den politischen Weg gehen wir schon länger und er ist vielversprechend, wenn auch da keine Sicherheit herrscht. Am 12. Juli soll der Gemeinderat über das Geschäft „Tanz und Theater-Konzeptförderung“ beraten und entscheiden.
Ja, und wenn alle Stricke reissen, haben wir noch die Initiative als politisches Instrument, das wir einsetzen können.
Wie es alles kommt, wissen wir nicht. Was wir wollen, wissen umso klarer. Und eine Fortsetzung folgt bestimmt. Wir bleiben dran. Das können wir versprechen. Und wir berichten euch wieder.
Bitte bleibt ihr auch dran, helft mit, das Thema „Rettung STOK und Keller62“ nicht untergehen zu lassen.
Erst die Kleinen machen Zürich gross.
Und stellt euch vor, wir schaffen es – was gibt das für ein Fest!!
Möchtet ihr etwas wissen oder fragen, schreibt uns bitte jederzeit, am besten über die jeweiligen Mailadressen der zwei Theater.
Ganz liebe Grüsse und bis bald!
Lubosch Held, Verein Keller62, künstlerischer Leiter Keller62
Peter Doppelfeld, Verein Theater STOK; Leiter Theater STOK
Neuer Podcast «Kunstlicht»
Aktuelle Diskussionen um die Künste und ihren Impact auf gesellschaftliche Themen
Die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) lanciert einen neuen Podcast: In «Kunstlicht» diskutieren Eva Pauline Bossow und Jörg Scheller gesellschaftsrelevante Themen aus Sicht der Kunstwelt.
Der neue Podcast «Kunstlicht» ist nah dran an aktuell diskutierten Themen: Es geht um Triggerwarnungen, Debattenkultur oder was genau eigentlich Innovation bedeutet. Aus Perspektive der Kunstwelt werden gesellschaftliche Fragen verhandelt, immer unter der Prämisse, dass Kunst «Zugänge zur Welt vermittelt, die nicht so ohne weiteres formalisierbar, planbar, standardisierbar, domestizierbar sind. Deshalb bildet Kunst ein Risiko.»
Diesem Risiko stellen sich die Hosts des Podcasts mit Eloquenz und Lust an der Debatte. Das Gespann hat einen vielfältigen Hintergrund: Eva Pauline Bossow kennt das Dreieck Kreativwirtschaft, öffentliche Kulturinstitutionen und Privatwirtschaft aus unterschiedlichen Positionen und ist heute als Beirätin und Beraterin aktiv. An der ZHdK war sie im Zurich Centre for Creative Economies (ZCCE) sowie im Digitalrat tätig. Jörg Scheller ist Professor im Departement Fine Arts, unterrichtet Kunstgeschichte und ist leidenschaftlicher Bodybuilder und Heavy-Metal Musiker.
Ergänzt werden ihre Positionen durch spannende Gäste. In der Rubrik «Fernlicht» kommen unter anderem ZHdK-Alumni zu Wort, die nicht in klassischen Kunstberufen tätig sind. Zum Beispiel erzählt Fine-Arts-Alumna Lauren Wildbolz, wie sie das erste vegane Restaurant der Schweiz eröffnet hat.
In einemGastbeitrag in der NZZ am Sonntag(Nur mit Abo) zerpflückt Pius Knüsel den Anspruch auf «Innovation», den die Stadtzürcher Kulturförderung an die kleinen Theater stellt. Die Vorstellung dieser Avantgarde stamme noch aus den 1980ern und werde der Realität der Szene nicht gerecht.
Hier ein paar Zitate aus der Kolumne:
«Bedrohte Arbeitsplätze, Verlust von Vielfalt, gegenseitige Zerfleischung: Die Schlagzeilen sind dramatisch, wie es sich fürs Theater gehört. Der Berufsverband SzeneSchweiz hat bereits 6000 Unterschriften gesammelt gegen die absehbare Schliessung von Theater Stok und Keller 62, die im Zuge der neuen Zürcher Theaterförderung ab 2026 auf Unterstützung verzichten müssen.»
Die Stadt ruft die beiden Häuser auf, sich neu auszurichten. Die Räume, so schreibt die Jury in der 58-seitigen Expertise, würde man ja gerne fürs Theater retten, bloss das Programm nicht. Ist das naiv oder sarkastisch? Denn in einem kulturellen Biotop, das von öffentlicher Förderung dominiert ist, haben andere Organisationsformen keine Chance. Selbst ein Unterhaltungstheater wie der Hechtplatz benötigt öffentliche Gelder. Es bleibt beim Anpassen oder Aufgeben.»
Zu den Ansprüchen an die Szene schreibt Knüsel:
«Ja, der Innovationsfetischismus. Das Kriterium hat sich mit dem Start der Projektförderung in den achtziger Jahren in den Beurteilungsrastern festgesetzt, von der Stadt Zürich über die Kantone bis zu Pro Helvetia. Es war sinnvoll, als es darum ging, an den Burgen der Tradition wie Opern, Stadttheatern, Orchestern vorbei die kulturelle Erneuerung voranzubringen. Das hiess Experiment im Quadrat, neue Ästhetik. So legitimierte der Staat die neue Förderpolitik.
Vierzig Jahre später, in der Periode der grenzenlosen Selbstverwirklichung, gleicht jener elitäre Innovationsbegriff allerdings einem Phantom. Die Mischung von Stilen, Künsten und Kulturen hat die Massstäbe der achtziger Jahre längst pulverisiert. Retro ist so modern wie Virtual Reality, Folklore so cool wie Improtheater, Musical so anerkannt wie neuste Musik. Forderungen wie jene nach Innovation – heute ergänzt um jene nach gesellschaftlicher Relevanz oder Diversität – nannte der Schriftsteller Lars Gustafsson bereits 1980 das Problemformulierungsprivileg der Kulturförderer. Sie formulieren eine Erwartung, die sie über die Wirklichkeit stülpen. Und siehe, Letztere passt nicht.»
Letzen Mittwoch bis Sonntag fand das Schweizer Theatertreffen in Fribourg statt, Ensemble hat sich mit Julie Paucker getroffen. Sie ist seit 2022 als künstlerische Leitung engagiert und hat mit der damaligen Geschäftsleitung die Veranstaltung konzeptuell vorangetrieben. Ein Gespräch über die dringliche Rolle der Mehrsprachigkeit im Theater und Kollaborationen über die Kantonsgrenzen hinweg.
Julie Paucker ist von Haus aus Dramaturgin, sie arbeitete in der Schweiz als auch in Deutschland am Theater Basel, am Deutschen Nationaltheater in Weimar und anderen. Mit ihrer transnationalen Kompanie Kula produziert sie mehrsprachige Stücke, diesem Schwerpunkt widmet sie sich nun auch in der Schweiz. Sie meint: „Sowohl die Ästhetik als auch die Theatervorgänge, -abläufe und -prozesse werden inzwischen international anders gedacht und bergen spezielle Herausforderungen.“ Darauf war die 47-Jährige bestens vorbereitet, sie begreift den Unterschied zwischen den Kantonen als Chance, voneinander zu lernen.
„Sowohl die Ästhetik als auch die Theatervorgänge, -abläufe und -prozesse werden inzwischen international anders gedacht und bergen spezielle Herausforderungen.“
Paucker arbeitete während ihres Studiums bei Migros Kulturprozent und weiss daher, dass die Thematik um die Mehrsprachigkeit die Förderer schon längere Zeit beschäftigt. „Diese Frage lässt einen nicht los, sowohl auf künstlerischer Ebene als auch auf struktureller Ebene. Ein Produktionsprozess ist generell spannender, wenn man mit unterschiedlichen Auffassungen arbeitet». Transnationales, oder eben „transkantonales“ Theater interessiert die gebürtige Zürcherin in vielen Aspekten. Es schärfe den eigenen Blick hinsichtlich dessen, was man aus anderen „Theater-Systemen übernehmen, angleichen und verbessern könne“.
„Diese Frage lässt einen nicht los, sowohl auf künstlerischer Ebene als auch auf struktureller. Ein Produktionsprozess ist generell spannender, wenn man mit unterschiedlichen Auffassungen arbeitet.“
Dies gelte auch für die Schweiz, wo verschiedene Systeme wie kleinere Stadttheater, Häuser von nationaler Ausstrahlung und freie Szene nebeneinander existieren. Dazu komme die Romandie, wo man eher auf das Touring-System mit produzierenden und einladenden Häusern setze. Gerade in den Bereichen „Theater-Markt“, Verkauf und Werbung, wie auch bei der Förderung, könne man viel voneinander lernen. Wegen der Sprachdifferenz stehe die Schweiz modellhaft für Europa oder sogar die Welt – eine riesige Chance also, mit kultureller Diversität umzugehen, sie zu begreifen und sich zu Nutze zu machen. Paucker meint dazu: „Danach ist man auch international fit, denn es sind dieselben Fragen, die sich zwischen unterschiedlichen Ländern stellen!“ Es ist somit auch die Kernmission des Theatertreffens, Theater aus allen Regionen zu versammeln und an ein lokales Publikum heranzutragen, zu wachsen zwischen Landesteilen und Theaterschaffende zusammenzubringen. „Es ist immer ein Erlebnis, zu sehen, wie wenig man sich kennt, obwohl man im selben Business, auf vergleichbarem Niveau, und Bekanntheitsgrad arbeitet. Da kann man etwas bewegen!“, ist Paucker überzeugt.
Es ist somit auch die Kernmission des Theatertreffens, Theater aus allen Regionen zu versammeln und an ein lokales Publikum heranzutragen, zu wachsen zwischen Landesteilen und Theaterschaffende zusammenzubringen.
„Mit dem Titel des Rahmenprogramms „Umbruch, Aufbrauch“, möchte ich ein Zeichen setzen. Besonders wächst die Bewusstheit darüber, dass man sich verbinden kann, gemeinsam über Kultur nachdenken und sich inspirieren lassen.“ Ein weiteres Beispiel für die Stärkung ist die diesjährig neue, kooperative Idee des „Salon d’artistes“, eine Tradition aus der Romandie, bei dem Stücke vor Veranstalter*innen präsentiert werden. Damit wird ein Markt generiert und Interesse geweckt, bevor das Stück überhaupt produziert ist. Ausserdem entstehen daraus Ko-Produktionen und Einladungen, nachdem die Stücke gepitcht wurden.
Die Sélection hat als marktorientierteste Veranstaltung das Potenzial, Künstler*innen auf Tour zu bringen. «Es wird viel produziert und zu wenig gezeigt, obwohl das verdient wäre!».
Paucker entscheidet im Alleingang, welchen Künstler*innen sie eine Plattform geben möchte, sie erhält dafür im Vorfeld Unterstützung von Scouts aus den verschiedenen Regionen. Für die Sélection werden fünf Positionen vergeben, die Shortlist dient dazu, den Künstler*innen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Es besteht das Potenzial, „über die Sprachgrenze“ hinaus eingeladen zu werden, die Sélection hat als marktorientierteste Veranstaltung das Potenzial, Künstler*innen auf Tour zu bringen. Paucker meint: „Es wird viel produziert und zu wenig gezeigt, obwohl das verdient wäre!». Primärer Aspekt sei es, den Spagat zwischen Festival, einem lokalen, plus ein gesamtschweizerisches Publikum zu meistern. „Darunter gibt es ganz unterschiedliche Ansichten und Rezeptionen zu Stücken – Theater-Kosmen und Ästhetiken werden teils anders interpretiert und finden nicht immer bei allen Landesteilen Gefallen. Es müssen also Stücke gefunden werden, die dazu verführen, sich mit Theater der anderen Kantone zu beschäftigen. Sie müssen solide sein, einen ästhetischen Anspruch erfüllen und von ganzem Herzen vertretbar!“ Aus diesem Grund hat man sich auch vom Kuratorium und Jury entfernt, Paucker verleiht der Auswahl ihr Profil, „Ich suche in der Gemengelage passende Stücke“, sagt sie und schmunzelt.
„Darunter gibt es ganz unterschiedliche Ansichten und Rezeptionen zu Stücken, Theater-Kosmen und Ästhetiken werden teils anders interpretiert und finden nicht immer bei allen Landesteilen Gefallen. Es müssen also Stücke gefunden werden, die das können und dazu verführen, sich mit Theater der anderen Kantone zu beschäftigen.“
überzeugt, es handelt sich um ein Powerplay von zwei Frauen unter der Regie von Nicolas Stemann. «Ich habe Frauen noch nie so spielen sehen – die Tragödie wird mit einem grossen Stadttheatergestus vertreten, die Rollen schauspieltechnisch auf hohem Niveau und mit einem extremen Selbstbewusstsein gespielt – was überzeugt und gleichzeitig berührt.» Mit der Eröffnung möchte Paucker ein Zeichen setzen für die grossartigen schauspielerischen Leistungen und Regiehandschriften.
ist eine deutsch-schweizerische Produktion vom Theater Neumarkt, wie der Titel sagt „- Der einzige Politthriller der Schweiz“, und war bisher immer ausverkauft. „In dieser Produktion versammelt sich vieles, was ich persönlich gerne mag. Es ist gleichsam Revue, musikalische Choreografie und „Marthalerisch“ vom Stil her – schräg und skurill mit einem poetisch-dokumentarischen Boden. Für das Theatertreffen ist das Stück wie gespuckt – die Schweiz behandelt einen Politfall, das passt auf vielen Ebenen gut! Gleichzeitig ist das Stück EWS ein Kind unserer Zeit!“ Ein grosser Anteil der Schauspielerinnen sind Laien. «Expert*innen und Zeug*innen des Alltags sind als Praxis neuerdings beliebt!» Ausserdem tritt mit Lara Stoll eine sehr gute Slam-Poetin auf und rundet das Ganze ab.
„In dieser Produktion versammelt sich vieles, was ich persönlich gerne mag. Es ist gleichsam Revue, musikalische Choreografie und „Marthalerisch“ vom Stil her – schräg und skurill mit einem poetisch-dokumentarischen Boden. Für das Theatertreffen ist das Stück wie gespuckt – die Schweiz behandelt einen Politfall, das passt auf vielen Ebenen gut! Gleichzeitig ist das Stück EWS ein Kind unserer Zeit!“
findet in Klassenzimmer statt, Paucker sagt dazu: «das Stück ist aber nicht für Kinder – das ist schon der Witz». Laura Gambarini erteilt eine Deutschlektion vor einem vorwiegend frankophonen Publikum, «eine grosse Komödie in a Nutshell – das muss man nicht weiter begründen, es geht um den Röstigraben und die schlechte Sprachkompetenz der Romands».
ist die italienische Version des französischen Briefromans «Gefährliche Liebschaften», Künstlerische Leitung hat der Direktor des Theaters, Carmelo Rifici, übernommen. Paucker erklärt: «Er hat mit verschiedenen Texten gearbeitet, um die philosophische Auseinandersetzung mit Macht, Liebe, Kampf und Krieg anhand der Hauptfiguren durchzuspielen – idealer Stoff für die Kriegsführung in der Erotik!» Es handelt sich um eine aussergewöhnlich schöne, installative Bühnengeschichte, mit einfachen theatralen Mitteln werden grosse Bilder erzeugt. «Ich wollte unbedingt eine grosse Bühnenproduktion aus der italienischen Sprache ans Theatertreffen bringen, wo im Tessin vorwiegend kleinere erarbeitet werden – oder Abgänger*innen der Scuola Dimitri, deren Produktionen eher verspieltere Formen annehmen. Italienisch ist ausserdem eine grossartige Bühnensprache!»
– «das Vorurteil» ist eine Familienposition, die sich an junge Leute richtet, aber auch für Erwachsene unterhaltsam ist. Das Théâtre Am Stam Gram ist berühmt für Familien- und Kinderproduktionen, das grosse Ensemble erzählt eigene Geschichte über die Problematik des Alterns der Grossmutter. Aber das Besondere an der Produktion ist der politische Horizont, „das Stück hat gleichzeitig eine humorvolle Ebene und ist spektakulär auf technischem Niveau- es ist etwas los! Es geht um die Themen Tod, Armut und was Fantasie bewegen kann.“
stammt direkt von Eugénie Rebetez, die, in der Deutschschweiz noch kaum bekannt, in der Romandie ein gefeierter Star ist. Sie arbeitet primär mit Künstler*innen, die nicht aus ihrem Metier kommen – genau diese Begegnungen sucht sie auf der Bühne. Dies passiert physisch wie musikalisch, über Bewegung, und ist in jedem Fall sehr unterschiedlich. «Es hat mit den Realitäten zu tun, die diese Personen mitbringen. Das Resultat ist sehr zart und berührend, und trägt den Charme ihrer Person, aber auch eine gewisse Bescheidenheit, da Rebetez wirklich das Verborgenen sucht, was zwischen ihr und den Künstler*innen liegt. Es wirkt repräsentativ für den Wunsch nach dem Erfahren andere Realitäten.“, erzählt Paucker.
„Ich hoffe sehr auf Folgeeinladungen, denn dies ist sehr dringlich. Es handelt sich um eine Koproduktion, das un-schweizerischste und schweizerischste Stück gleichzeitig – die Thematik ist schweizerisch, das Ensemble international.“
wird von einem deutsch-schweizerisch-kongolesischem Ensemble gespielt, die Leute müssen extra hierfür engagiert werden. Bisher wurde das Stück erst in der Kaserne Basel mit grossem Erfolg aber vor wenig Publikum gespielt. «Ich hoffe sehr auf Folgeeinladungen, denn dies ist sehr dringlich. Es handelt sich um eine Koproduktion, das un-schweizerischste und schweizerischste Stück gleichzeitig – die Thematik ist schweizerisch, das Ensemble international.» Paucker freut besonders die Mehrsprachigkeit, die Sprachen aus dem Kongo, die Musik, der Sprechgesang – ein grosses Konzert mit dokumentarischem Inhalt. Es dreht sich um das Verhalten der Schweiz in Kolonialzeiten, Paucker erklärt: «Im Fokus stehen traditionelle Trauerrituale, welche aufgrund von Grabschändungen zelebriert wurden. Es geht um den Ernst des Themas und die Restituierungs-Debatte. Aber auch um die längerfristigen Folgen von Kolonialismus und Ausbeutung. Zusätzlich ist während der Produktionszeit ein Ensemblemitglied gestorben und damit spielt eine persönliche Trauer mit in den Abend, was man spürt und auch explizit erwähnt wird. Und dennoch erlebt man einen schönen, lustvollen und musikalischen Theaterabend mit einem moralischen, aber nicht belehrenden Apell, der sich nicht zu ernst nimmt und sehr leicht und versöhnlich wirkt.“
„Deshalb auch die Klammern „Umbruch“ – Sachen sind nicht mehr gewiss – und „Aufbruch“ mit einer positiven Note, und dem Ziel, eine Umfunktionierung vom einen zum andern herbeizuführen.“
Für die künstlerische Leiterin des Schweizer Theatertreffen Julie Paucker steht die aufwühlende Zeit, in der wir leben, sinnbildlich dafür, dass Gewohnheiten und Gewissheiten auch in der Schweiz sich verändern und sogar wegbrechen können. Sie sagt: „Wir haben hier eine sehr privilegierte Lage, es stellt sich oft die Frage, wie es weiter geht, wie sich das System verändert, und wie man die positiven Veränderungen nutzen kann. Deshalb auch die Klammern „Umbruch“ – Sachen sind nicht mehr gewiss – und „Aufbruch“ mit einer positiven Note, und dem Ziel, eine Umfunktionierung vom einen zum andern herbeizuführen. Das hat viel mit den Stücken zu tun, die absichtlich nicht nach einer Thematik ausgewählt sind, jedoch der Realität für uns alle entsprechen, dass Dinge auseinanderbrechen! Die Kooperation mit „Tasty Future“ rundet das Programm ab den Anspruch, Dinge zum Positiven verändern zu können, darunter einen Umbruch in den Medien herbeizuführen, Richtlöhne im Markt zu setzen und das allgemeine Prekariat unter den Künstler*innen zu vermindern.“
Biais aller-retour
Ödipus Tyrann
Credits: Philip Frowein
The Game of Nibelungen
EWS
Credits: Philip Frowein
Daniel Hellmann
The Ghosts Are Returning
https://ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2023/06/5M2A4413_c-KellyDeGeer.jpg13442016Redaktion ENSEMBLEhttps://www.ensemble-magazin.ch/wp-content/uploads/2022/01/ensemble_000-80.svgRedaktion ENSEMBLE2023-06-05 15:16:072023-07-04 16:52:24Schweizerisches Theatertreffen mit „transkantonalem“ Anspruch
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