La Malita über die Grösse des Flamencos

Manuela Baldassarri, alias La Malita, wurde in der Schweiz geboren, wo sie bis 2001 lebte. Auf der Suche nach  Weiterbildung und Vertiefung der eigenen Fähigkeiten zog sie ins Ausland und kam 2013 nach Sevilla, wo sie studierte und als professionelle Flamenco-Tänzerin arbeitete.

2017 kehrte sie ins Tessin zurück, wo sie immer noch als Lehrerin und Tänzerin arbeitet und hochkarätige Auftritte gibt. Lilly Castagneto hat Manuela Baldassarri zum Interview getroffen und durfte in Morbio Inferiore im Tessin einer Aufführung beiwohnen: eine Zusammenarbeit mit außergewöhnlichen Künstlern wie der Sängerin Carmen Amor aus Sevilla, dem italienischen Perkussionisten Francesco Perrotta, dem Gitarristen Antonio Porro, ebenfalls Italiener, und Alberto Rogriguez aus Andalusien, der sie auch in die Flamenco-Kultur und -Gesellschaft einführte. Eine perfekte Show, meint Castagneto, bereit für eine nationale und internationale Tournee.

Interview von Lilly Castagneto

Wer ist Manuela Baldassarri?

Eine Frau, die schon viele Leben hinter sich und noch mehr vor sich hat.

Wer ist La Malita?

Meine „Flamenco“-Seite.

Wie viel von der „Mujer flamenca“ steckt in dir?

Todo!

Was ist Flamenco für dich?

Zuerst war es eine Flucht, dann eine Erlösung, dann ein Sohn, der heute ein perfekter Begleiter ist.

Könntest du den Flamenco mit einem Wort beschreiben?

Kommunikation.

Zuerst war es eine Flucht, dann eine Erlösung, dann ein Sohn, der heute ein perfekter Begleiter ist.

Manuela Baldassarri

Was ist ein Künstler heute?

Jemand der der Welt noch etwas mitzuteilen hat: Kunst ist vor allem ein Bedürfnis, auch auf Kosten des eigenen Geldbeutels und der  Lebensweise.

Wer bist du, wenn du auf die Bühne gehst?

Es gab eine Zeit, in der nur der stärkste Teil von mir auf die Bühne ging, aber ich fühlte mich unvollständig. Jetzt bin ich Ich, denn ich gehe als vollständige Künstlerin auf die Bühne, mit meinem ganzen Ich, einschließlich meiner Schwächen. Es war vielleicht meine größte künstlerische Leistung, und ich bin sehr stolz darauf.

Welche Emotion stellst du am liebsten dar?

Vielleicht Stolz und Entschlossenheit.

Bist du ein Flamenco-Purist oder experimentierst  du?

Die Tradition ist mir näher. Ich empfinde jedoch große Bewunderung für diejenigen, die sich der Weiterentwicklung dieser Kunst auf zeitgemäße Weise widmen.

Wie bringst  du es unter einen Hut, Mutter, Tänzerin und Tanzlehrerin zu sein?

Genau so, wie es eine SeiltänzerIn tut, nämlich mit einer guten Portion Konzentration, Willenskraft und einer Prise Wahnsinn.

Meine innere Welt war nun so groß und weit geworden,  es  war unvermeidlich, ich fühlte mich sofort „eingeengt“

Eine freche Frage meinerseits, bist du mehr Künstlerin oder mehr Mutter? Ohne Gewissensbisse  zu haben?

Es ist unmöglich, keine Gewissensbisse zu haben! Mit der Zeit zeigt sich, wie sehr die eine Rolle die andere bereichert und umgekehrt. Ich bin meinem tiefsten Wesen treu: Mutter und Tänzerin in gleichem Maße. Ein Künstler braucht Inspiration, und es gibt nichts Stärkeres und Inspirierenderes als ein Kind! Ein Kind braucht einen Elternteil, der ständig an sich arbeitet, und es gibt keine bessere Therapie als die Kunst!

Du bist 2017 in die Schweiz zurückgekehrt, um an einem vertrauten und gleichzeitig neuen Ort neu anzufangen, mit neuen Herausforderungen, neuen Abenteuern, neuen Projekten, möchtest du uns darüber erzählen?

Ich bin zurückgekehrt, weil die plötzliche Geburt eines Kindes, meinem Sohn, meine Prioritäten völlig verändert hat. Ich hatte keine andere Wahl, und ich habe gelitten. Meine innere Welt war nun so groß und weit geworden,  es  war unvermeidlich, ich fühlte mich sofort „eingeengt“. Jetzt, Jahre später, habe ich mich daran gewöhnt und finde den richtigen Kompromiss zwischen Wille und Kraft. Meinen Sohn in Sicherheit zu sehen, hilft mir sehr, die künstlerischen Einschränkungen zu akzeptieren, die ich derzeit im Tessin erlebe. Die meisten meiner neuen Projekte finden nach wie vor die Landesgrenzen überschreitend statt und ich hoffe, mit der Zeit auch in der Region genügend Interesse für den Flamenco säen zu können, so dass die Früchte direkt dort geerntet werden können, wo ich lebe und geboren wurde. In den Ländern der “TräumerInnen“ wie Italien und Spanien, wo ich viele Jahre gelebt habe, war es sicherlich einfacher, diesen Beruf auszuführen. Aber das Leben hat mich wieder dorthin zurückgebracht, wo ich angefangen habe, und ich bin jemand, der dem Leben „vertraut“, daher bereue ich meine Rückkehr nicht und habe auch keine Zweifel daran.

Es bräuchte einen Staat, der diese unglaubliche geistige Entwicklung der Menschen mit Investitionen unterstützt, finanzielle Mittel an denen es hier eigentlich nicht mangelt.

Verändert sich das Bild des Tanzkünstlers nach der Corona-Pandemie?

Ich weiß es nicht. Manchmal spüre ich hier eine gewisse Verwunderung gegenüber Personen wie mir, die nach einer Pandemie ihre künstlerische Karriere fortsetzen wollen, obwohl die Welt am Boden liegt. Ich habe jedoch auch festgestellt, dass die Menschen, nachdem sie ihrer sozialen Freiheit beraubt wurden, diejenigen besser verstehen und schätzen, die sich wie wir Künstler dafür entschieden haben, dass das Leben zu kurz ist, um es ausschließlich dem zu widmen, was uns nicht entspricht. Ich bin neugierig darauf, im Laufe der Zeit herauszufinden, welche weiteren positiven Auswirkungen diese Erfahrung in den Seelen der Menschen, die dann das so genannte Publikum gewesen sind, hinterlassen hat. Unser Publikum, ohne das dies alles nicht möglich wäre.

Was würdest  du der italienischsprachigen Schweiz mit auf den Weg geben, damit sie bereit ist, die Tanzkultur aufzunehmen und auszubauen?

Man muss sich eingestehen, dass die wahre Schönheit des Lebens nicht im Materiellen, in der sozialen Stellung oder im klassischen und üblichen Weg der Selbstverwirklichung liegt, man muss sich der Schönheit öffnen: dem Tanz oder jeder anderen Kunstform. Es bräuchte einen Staat, der diese unglaubliche geistige Entwicklung der Menschen mit Investitionen unterstützt, finanzielle Mittel an denen es hier eigentlich nicht mangelt.

Was ist der größte Traum von La Malita und Manuela?

Ein erfülltes Leben!

An die Jugend: Kunst schaffen oder besser etwas anderes?

Tu, was dein Herz nicht lassen kann! Nur das zu tun, um den allgemeinen Erwartungen gerecht zu werden, kann die innerliche und äussere Schönheit verderben: Das ist es nicht wert.

La Malita, eine gute Seele und Künstlerin, die im Tessin und in der ganzen Schweiz die gebührende Anerkennung verdient. KünstlerInnen haben das Recht zu performen, aber gleichzeitig auch die Pflicht, dem Publikum die Kunst in ihrer Weise näher zu bringen: Manuela Baldassarri erfüllt diese beiden Aspekte auf hervorragende und professionelle Weise.

Lilly Castagneto dankt Malita für ihre wertvolle Zeit, aber auch all den außergewöhnlichen KünstlerInnen, die sie kennenlernen durfte. Sie dankt auch der Gemeinde Morbio Inferiore, die die künstlerische Weitsicht bewiesen hat, um all dies zu ermöglichen.

Lilly Castagneto, Lehrerin für funktionelles Pilates und Modern Horton in Lamone und Breganzona, ehemalige professionelle Tänzerin, Absolventin der Academie de Danse A.M.D. in Menton (Frankreich) in klassischem und zeitgenössischem Tanz. Sie arbeitet immer noch mit der Kompanie PINCO PALLINO unter der Leitung von Sandra Delrieu zusammen, mit der sie auch zusammen studierte. Castagneto lebt seit 2012 im Tessin, nach einem zehnjährigen Aufenthalt im rätoromanischen Graubünden. Sie ist Vizepräsidentin der Associazione Formazione Professione Danza und setzt sich für eine professionelle Entwicklung des Tanzes und Ausbildung im Tessin ein.

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