SBB wirbt mit „KI-Schleim“ – Jobs gefährdet
„AI Slop“ werden KI-Billigproduktionen genannt. KI-Pampe oder KI-Schleim. Die SBB wirbt in ihrer neuesten GA-Kampagne mit KI-generierten Personas und verzichtet auf echte Schauspieler*innen.
Noch sind kreative Filmproduktionen sicher vor der Übernahme durch KI-Schauspieler*innen – trotz des medienwirksamen Auftritts von Tilly Norwood am Zurich Filmfestival. Anders sieht es im Nebenbereich Werbung aus. In Werbeproduktionen, in denen sowieso meist stereotype Inhalte verbreitet werden, können Unternehmen ohne grossen Aufwand KI-generierte Personas einsetzen.
Und genau das machen die SBB gerade in ihrer GA-Kampagne, wie der Tages Anzeiger berichtet. Auf Plakaten und diversen Onlinekanälen sieht man einen jungen Mann (sie Artikelbild), der den Betrachter*innen dümmlich aus einer Schneelandschaft entgegen grinst. Dieser Mann existiert nicht, das Bild wurde mit KI generiert. Einem echten Darsteller hätte diese Produktion einen Teil des Monatseinkommens eingebracht.
Lieber billiger „Schleim“ als echte Menschen
Für viele Schweizer Darstellende sind Werbeproduktionen zwar nicht der Karrieretraum, aber sie bezahlen die Miete und bringen Essen auf den Tisch. Der Werbemarkt bildet einen grossen Teil des Einkommens von Schauspieler*innen, da mehr Werbungen produziert werden als Filme oder Serien. Nachdem viele Künstler*innen bereits Sprecher-Jobs an künstliche Intelligenz verloren haben, werden in Zukunft auch die Aufträge aus der Werbung schnell weniger werden.
«Unternehmen, die KI-Werbung einsetzen, wirken billig, knausrig und ohne Wertschätzung fürs Publikum.»
KI-generierte Bilder und Filme sind nicht per se böse. Viele kleine Unternehmen und NGOs können mit künstlicher Intelligenz Projekte realisieren, für die sie sonst kein Geld hätten. Projekte, die nicht existieren würden und auch niemandem einen Job wegnehmen.
Doch hier sparen in erster Line die grossen Unternehmen und Agenturen Geld – und vernichten Jobs, die sonst an Menschen gingen. Nachvollziehbar, aber ist es auch gut für das Image? Schliesslich soll Werbung ja die Beziehung zwischen Marke und Zielpublikum stärken. Zuerst: Werbung funktioniert schon lange nur noch rudimentär. Früher wurde Erfolg in der Werbung am Umsatz gemessen – gute Werbung gleich mehr Umsatz. Seit einigen Jahren messen die Agenturen dies nicht mehr. Heute ist „Reichweite“ die Masseinheit. Wieso? Weil in den meisten Fällen keine kausale Wirkung von Werbung und Umsatz mehr nachgewiesen werden kann. Also geht es nur noch um „Branding“: Das Zielpublikum soll eine positive, emotionale Bindung zur Marke eingehen.
Mit KI funktioniert das nicht. KI erschafft per Design Mittelmässigkeit, Klischees. Im SBB-Beispiel einen urbanen, stereotypen 0815-Heini, bisschen sexy, bisschen süss, mit der Persönlichkeit eines Toasters. Natürlich merkt man das nicht immer sofort, weil Werbung grundsätzlich grösstenteils eher oberflächlich ist. Doch es macht einen Unterschied, sowohl in der direkten Wirkung (KIs können keine Beziehung aufbauen, weder zur Kamera noch zum Publikum) als auch auf der Meta-Ebene: Unternehmen, die KI-Werbung einsetzen, wirken billig, knausrig und ohne Wertschätzung fürs Publikum. Das schadet der Marke.
Regulierung und Deklarationspflicht
In der SBB-Werbung steht sehr, sehr klein in einer Ecke „AI generated“, also „mit künstlicher Intelligenz erstellt“. Die ganze Welt der künstlichen Intelligenz ist im Bereich Rechte und Regeln noch Wilder Westen. Sowohl, was die Verwendung von Bildern und Filmen zum Training der KIs angeht, als auch, was die Deklarationspflicht betrifft. Die Agenturen und Unternehmen sind auch nicht daran interessiert, dem Zielpublikum mitzuteilen, dass sie KI-generierte Inhalte verwenden. Deshalb ist die Deklaration auch so klein. Man versteckt den eigenen Geiz und den Mangel an menschlicher Kreativität lieber.
In einschlägigen Reddit-Foren werden Lösungen diskutiert: So schlagen einige User*innen vor, dass KI-Personas nur mit sichtbaren Tätowierungen in Medien auftreten dürften: ein silbernes „AI“ auf der Schläfe, oder glitzernde Fingerringe oder Stirn- und Armbänder. Für mich hört sich das brauchbar an.


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