Altern als Schauspielerin

«50 ist das neue 30!» heisst es immer wieder. Für Frauen bedeutet das, mit 50 noch immer wie eine 30-Jährige aussehen zu müssen. In der Schauspielerei ist der Druck noch intensiver.

Pamela Anderson, als Baywatch-„Bade-Nixe“ wohl eine der am meisten sexualisierten Schauspielerinnen der 80er und 90er-Jahre, kam als Gast ans Zurich Filmfestival. Sie ist inzwischen 57 und versucht nicht, ihr Alter zu verstecken. Kein Medium machte sich die Mühe, darüber zu berichten, was diese beeindruckende Frau zu sagen hat.  „Ohne Make-up“, riefen die Schlagzeilen, weil die Frau sich keine künstliche Jugend ins Gesicht schminkte. Niemand würde bei George Clooney (59) „Ohne Make-up!“ als Headline bringen. Niemand erwähnt Clooneys schrumpelnden Schildkrötenhals oder seine sich langsam bildenden Tränensäcke. Er ist ein Mann.

Pamela Anderson beschreitet mit ihrer Natürlichkeit einen anderen Weg als viele ihrer Hollywood-Kolleginnen. Gerade war Nicole Kidman, ebenfalls 57, als schönheits- und leistungsoptimierte Mutter in „Ein neuer Sommer“ auf Netflix zu sehen. Man sieht in ihrem starren Gesicht die üblichen Operationen, die in der Branche zum Alltag gehören. Demi Moore, 63, spielt aktuell in „The Substance“ eine ältere Frau, die sich dem Jugendwahn bis zum Horror hingibt. Beide Rollen nehmen ironisch Bezug auf den Zwang für Frauen, jugendlich und sexy sein zu müssen. Die Meta-Ironie daran ist, dass sie eigentlich sich selbst spielen.

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Pamela Anderson spricht über Alter, Erfolg und Respekt.

Versteht mich nicht falsch: Jede Frau hat das Recht, so viel oder so wenig an sich machen zu lassen, wie sie will. Was mich stört, ist der gesellschaftliche Druck auf Frauen, auch mit über 50 noch den sexualisierten Vorstellungen für 30-Jährige entsprechen zu müssen. Als ob Frauen über 50 keine eigene Erotik mehr ausstrahlen würden und (für Frauen) nur Jugend sexy sein könne. Das merkt man auch im Alltag: Ab 40 muss sich eine Frau bei jedem Coiffeurbesuch mit Händen und Füssen gegen eine dieser biederen Karen-Kurzhaar-Bob-Frisuren wehren. Gott behüte, wenn sie sich die grauen Haare nicht färben lassen will.

Bei Schauspielerinnen, die ihren Beruf in der visuellsten Branche überhaupt ausüben, ist der Druck noch höher. Das zeigt sich auch in den Rollenangeboten. Die Darstellerinnen, mit denen ich gesprochen hab, erzählen von einer „Besetzungslücke“: „Bis 40 wirst du noch als Partnerin oder Love Interest gecastet, wenn du Glück hast. Dann kommt bis 60 eine lange Pause, bis du als Matriarchin oder Grossmutter wieder auf die Bühne oder vor die Kamera darfst. Hauptrollen für 50-Jährige sind beinahe inexistent.“ Das führe dazu, dass Schauspielerinnen bis 50 versuchen, wie 30 auszusehen. Man merke das auch an den meisten eher veralteten Bildern, die diejenigen auf ihren Homepages zeigen.

Darum ist es so erfrischend, eine Pamela Anderson offen und verletzlich zu sehen. Mich hat sie damit berührt. Während mein testosteron-geschwängertes Teenager-Ich damals, 1989, Pamela Anderson in erster Linie anschauen wollte, will mein jetziges, Ü50-Ich diese Frau kennenlernen, ihre Geschichte hören. Was natürlich noch immer eine Schwärmerei ist.

Aber ich scheine nicht der einzige Ü50-Mann zu sein, der den Reiz der Gleichaltrigen erkennt. Auch der beste aller Hollywood-Menschen, Keanu Reeves, scheint da Vorlieben zu haben: hier mit seiner Partnerin Alexandra Grant.

 

 

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