110 Organisationen gegen Halbierungsinitiative

Zum Auftakt der parlamentarischen Debatte über die «Halbierungsinitiative» sind 110 Organisationen dem Aufruf des SSM gefolgt, darunter auch SzeneSchweiz,

In einem gemeinsamen Appell an die Nationalrätinnen und Nationalräte, beziehen sie Position gegen die Initiative und stellen klar, dass es um mehr geht als um die SRG. Die Halbierungsinitiative ist ein Dolchstoss in kulturelle Herz unseres Landes.

Der Appel im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren Nationalrätinnen und Nationalräte

Es geht um mehr als die SRG – es geht um den Zusammenhalt in unserem Land. In der kommenden Sommersession werden Sie die Volksinitiative «200 Franken sind genug – SRG Initiative» beraten. Die sogenannte «Halbierungsinitiative» will die Haushaltsabgabe für Radio und Fernsehen von heute CHF 335 auf CHF 200 senken und sämtliche Unternehmen von der Abgabe befreien. Damit würde der SRG die Hälfte des Budgets entzogen: statt CHF 1.2 Mia. stünden ihr nur noch rund CHF 630 Mio. zur Verfügung. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen, Programmangeboten und regionaler Präsenz – in allen vier Sprachregionen. Gerade auch Kultur- und Sportangebote wie auch inklusionsfördernde Leistungen sind besonders gefährdet.

Die SRG ist grösser als die Summe ihrer Teile: mit ihren Aufträgen schafft die SRG pro Arbeitsstelle rund eine zusätzliche Stelle in den Bereichen IT, audiovisuelle Produktion, Technik und weitere Dienstleistungen von privaten Unternehmen. Die BAK-Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der SRG zeigt ausserdem eindrücklich, dass sie eine Wertschöpfung von insgesamt CHF 1.67 Mia. generiert und rund 10’500 Vollzeitstellen sichert. Der Abbau hätte entsprechend gravierende Folgen für die gesamte Schweizer Wirtschaft.

Wir, 110 Organisationen aus Kultur, Sport, Bildung, Zivilgesellschaft, Inklusion & Sinnesbehinderung Arbeitnehmendenvertretung und der Medienbranche, stehen entschieden gegen diesen Abbau. Unsere Perspektiven mögen unterschiedlich sein, aber uns eint die Überzeugung, dass die Schweiz einen starken, unabhängigen medialen Service public braucht – heute und auch in der Zukunft.

Wir appellieren an Sie, geschätzte Nationalrätinnen und Nationalräte: Lehnen Sie die «Halbierungsinitiative» und sämtliche den medialen Service public einschränkende Gegenvorschläge entschieden ab.

Mit der geforderten Abgabensenkung würde eine massive Qualitätseinbusse im Angebot der SRG einhergehen, die in keinem Verhältnis zur finanziellen Entlastung der Haushalte und Unternehmen steht. Private Medien können diese Lücke nicht kompensieren.

Betroffen wären nicht nur Informations-, Meinungs- und Medienvielfalt, sondern auch die Kulturproduktion: weniger Schweizer Filme und Serien würden produziert werden und die Schweizer Musik hätte weniger Präsenz. Die Sichtbarkeit von Sprachminderheiten würde sinken oder verschwinden. Der Austausch zwischen den Regionen und das gegenseitige kulturelle Verständnis in unserem viersprachigen Land würde dadurch erschwert oder sogar verunmöglicht.

Auch die Sportberichterstattung ist bei einer Annahme der Initiative gefährdet, insbesondere bei nationalen und regionalen Veranstaltungen. Dadurch sinkt die Sichtbarkeit zahlreicher (Rand-) Sportarten, was nicht nur Einbussen bei Sponsorengeldern und Sportförderung mit sich bringt, sondern auch den gesellschaftlichen Wert gemeinsamer Sporterlebnisse schmälert.

Der mediale Service public ist unverzichtbar für unsere direkte Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Schweiz. Die steigende Bedeutung von Social Media, die ungefilterte Informationsflut im Internet und die breite Nutzung von künstlicher Intelligenz, begünstigt die Gefahr von Desinformation und gezielter Manipulation, die genutzt werden kann, um Demokratien zu destabilisieren. Was passiert, wenn der unabhängige, mediale Service public geschwächt wird oder gar verschwindet, zeigt sich bereits eindrücklich in anderen Ländern, wie in den USA, wo Medien ausgedünnt wurden und Desinformation sowie Polarisierung bereits zugenommen haben.

Der Bundesrat und beide zuständigen Kommissionen sind sich einig: Diese Initiative geht zu weit und muss abgelehnt werden.

Der Bundesrat hat die Initiative bereits 2024 abgelehnt und mit der Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) ein Gegenkonzept auf Verordnungsstufe beschlossen: Bei Ablehnung der «Halbierungsinitiative» wird die Haushaltabgabe bis 2029 auf CHF 300 gesenkt. Unternehmen mit einem Umsatz bis CHF 1.2 Mio. werden von der Abgabe befreit – das sind rund 80 Prozent der mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen. So erhält die SRG CHF 120 Mio. weniger pro Jahr als heute.

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, sind überzeugt: Mit der Teilrevision der RTVV hat der Bundesrat den Initiant:innen bereits weitgehende Zugeständnisse gemacht. Ein weiterer Abbau des medialen Service public und der SRG würde die mediale Grundversorgung ernsthaft gefährden.

Geschätzte Nationalrätinnen und Nationalräte, Sie stehen vor einer wichtigen Entscheidung, die nicht nur den Schweizer Mediensektor massiv prägen wird. Bitte bedenken Sie die Funktion und die Bedeutung eines umfassenden medialen Service public für die Schweiz. Setzen Sie seine finanziellen Mittel nicht leichtfertig aufs Spiel. Stärken Sie den medialen Service public mit der Ablehnung der «Halbierungsinitiative» und sämtlicher den medialen Service public einschränkender Gegenvorschläge.

Die 110 unterzeichnenden Organisationen repräsentieren ein breites gesellschaftliches Spektrum – darunter Arbeitnehmendenvertretung, Inklusion und Sinnesbehinderung, Bildung, Zivilgesellschaft, Sport, Medien und Kultur.

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