KI-Lizenzen für deine Kreativität?
ProLitteris-CEO Philipp Kübler erklärt in einem Beitrag im Jahrbuch «Schweizer Kunst», warum er im Umgang mit KI und Urheberrecht die aussichtsreichste Lösung in „Lizenzen“ sieht.
KI-Unternehmen bedienen sich für das Training ihrer Modelle ungeniert bei allem, was ihnen in die Finger kommt. Seien es Social-Media-Posts oder einfach herkömmliche Websites – ist es im Internet, wird es verwendet. Damit ergeben sich nicht nur Probleme mit dem Persönlichkeitsrecht (z.B. bei Schauspieler*innen und Sprecher*innen), auch das Urheberrecht wird ausgehebelt.
Philipp Kübler, CEO von ProLitteris, sieht eine mögliche Lösung in der Vergabe von Lizenzen. Das heisst, Kreative könnten so den KI-Betreibern gegen einen Betrag die Rechte zur Nutzung ihrer Werke zugestehen, bzw. lizenzieren.
Kübler äussert sich folgendermassen: „Die Einwilligung der Rechteinhabenden kann gesetzlich vorgegeben, kollektiv erteilt oder individuell verhandelt werden. Ein Verbotsrecht nur für bestimmte Werkkategorien und Rechteinhabertypen wäre denkbar. Zum Beispiel sind die Musik- und Filmindustrie und die grossen Medien- und Buchverlage sowie die Verwertungsgesellschaften eher in der Lage, individuelle Verhandlungen zu führen und auf kollektive Entschädigungen zu verzichten als die breite Masse der Kreativschaffenden und Publizierenden.“
Die praktische Problematik
Das hört sich grundsätzlich nach einem guten Weg an, den man einschlagen könnte. Es gibt aber einige Herausforderungen: KI-Unternehmen sind selten lokalem Recht unterworfen: Das heisst, die US-Konzerne, oder noch expliziter, chinesische Anbieter, haben keinen Grund, sich an Schweizer Gesetze zu halten. Sie haben Zugriff auf alle Schweizer Inhalte, sind aber in keiner Weise gezwungen, hiesige Regeln einzuhalten.
Das zweite Problem zeigt sich in der Zugänglichkeit der Trainingsdaten. Alle uns bekannten generativen KIs, von Claude über Gemini bis ChatGPT, alle Bild- und Film-generierenden KIs, wurden mit „illegalen“ Daten trainiert. Natürlich kann man das nicht beweisen, da die Trainingsdatensätze die bestgehüteten Geheimnisse der KI-Unternehmen sind.
Wieso ist es dann klar, dass die Modelle mit illegal gesammelten Daten programmiert wurden? Weil die schiere Datenmenge, die eine generative KI braucht, um nur ansatzweise gut zu funktionieren, legal nicht assimiliert werden kann. Für eine gute Filmsequenz, die mit Sora 2 hergestellt wurde, braucht es hunderttausende Filmszenen als Trainingsinput. Und diese Szenen müssen auch noch cineastisch anspruchsvoll sein, damit das Ergebnis sich sehen lassen kann. So viele lizenzfreie, gute Filme gibt es nicht.
Dazu kommt, dass jedes Bild, jeder Text und jede Filmsequenz, die jemand in eine KI-App hochlädt oder mit derselben generiert, als Trainingsinput verwendet wird.
Man kann KI-Plagiate nicht vernichten
Ein weiteres Problem: Bei physischen Plagiaten, wie wir sie schon seit Jahrzehnten zum Beispiel bei Design und Markenwaren kennen, kann man das Produkt verfolgen: gefälschte Handtaschen, kopierte DVDs, Uhren, etc. kann man physisch festsetzen und vom Markt nehmen, bzw. vernichten. Bei digitalen Produkten ist das nicht möglich. Selbst bei einer Sperrung der anbietenden Seite/App sind die Daten noch immer vorhanden und können mit dem Aufwand von einigen Minuten neu angeboten werden.
Solange es also keine Mittel gibt, die KI-Unternehmen zwingt, die Trainingsdaten öffentlich zu machen, und rechtliche Standards international einzuhalten, sehe ich wenig Chancen für eine faire Vergütung für den Diebstahl geistigen Eigentums. Und eine internationale Lösung ist bei der derzeitigen Weltlage in Bezug auf Handel und Regulierung eher unwahrscheinlich. Die grossen digitalen Player weigern sich jetzt schon, die minimalen Regeln einzuhalten, die z. B. die EU vorgibt. Die daraus resultierenden Bussen bezahlen sie aus der Kaffeekasse.
Der Disney-Ansatz
Es war von Anfang an klar, dass Disney-Figuren ihren Weg in die generativen KIs finden. Da Disney dafür bekannt ist, ihre Markenrechte brutal und mit rechtlicher Gewalt bis ins letzte Detail durchzusetzen (sie verklagen auch den kleinen Glacestand, der eine Micky Mouse-ähnliche Figur im Logo hat), verbieten die KI-Anbieter meist den Output von Disney-ähnlichen Kreationen. Aber die Nutzer finden natürlich Wege, um Disneyfiguren in allen (auch eher expliziten) Formen zu generieren.
Das hat Disney auf die Idee gebracht, ihre eigene KI anzubieten, mit der man seine Fanvideos mit seinen Lieblingsfiguren kreieren kann. Natürlich gegen einen monatlichen Beitrag. Der Anreiz dabei ist, dass die entstandenen Filme den anderen Disney-User*innen gezeigt werden.
Disney hat damit nicht nur die Verwendung der eigenen Inhalte durch fremde KIs eingedämmt, sondern gleich einen Weg gefunden, die kreative Leistung der User*innen zu klauen UND SICH DAFÜR BEZAHLEN ZU LASSEN. Das nennt man unternehmerisches Genie. Oder einfach Abzocke.
Hier, zur Unterhaltung: ein Disney-Video, das ich mit Runway-App erstellt habe. Ohne Lizenz.


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