Netzwerken: «Du sollst nachhaken!»

Smalltalk, Cüpli und Oberflächlichkeit – das kommt in den Sinn, wenn man von „Netzwerken“ spricht. Dabei geht es wohl einfach darum, mit Menschen in Kontakt zu bleiben, die man interessant findet. Eine Kolumne von Rebekka Burckhardt

Zurzeit habe ich wenig zu tun und keine neue Produktion ist in Aussicht. Ich gewöhne mich nie daran, und mit den Jahren wird es arger. In solchen Zeiten denke ich über das Thema Netzwerk nach.

Schon verkehrt. Netzwerken ist eine aktive, um nicht zu sagen, proaktive Sache. Nicht etwas, vorüber Mensch zu lange nachdenken sollte – da geht schon zu viel Zeit ins Land… Ich grüble, verfange mich und schon bin auf irgendeiner Metaebene, statt als werkelnde Chefspinne an meinem Netzwerk zu arbeiten.

Früher hieß Netzwerk „Vitamin B.“ –  negativ konnotiert. „Ja ja, der oder die hat halt viel Vitamin B“, hieß es dann neidisch moralisierend. Oder im belehrenden Imperativ: „Du musst halt mal dein Vitamin B nutzen!“ Nach Vitamin B kam gleich das Hochschlafen – aber das ist eine andere Geschichte. Irgendwann tauchte der Begriff Netzwerk auf – die Chose jedoch blieb dieselbe. Nur eine Packungsbeilage gab es nicht dazu. Als ob das Magic und nicht erlernbar ist. Wie das Talent, die Begabung, die wir Theatermenschen einfach so von den Göttern mitbekommen haben.

Netzwerken konnte ich nie gut. Ich kann meine gesamte Laufbahn zurück buchstabieren und genau benennen, wo ich miserabel oder eben gar nicht genetzwerkt habe – und was das für bis heute fühlbare Konsequenzen hat. Eine nicht genutzte Netzwerk-Situation vervielfacht sich eben auch – nur umgekehrt.

„Sei nicht so zimperlich!“

Was für Regeln gibt es – sichtbare und unsichtbare? Ein Theatermensch hat mir vor Jahren, nach dem gemeinsamen Besuch einer nicht besonders gelungenen Theaterinszenierung, ungeduldig geraten, ich soll nicht so unerträglich ehrlich sein. Der Regisseur des Abends, Teil einer gut vernetzten Szene, hatte eine vielversprechende Zukunft und wurde bereits als zukünftiger Theaterleiter gehandelt.

„Mensch, du bist viel zu ehrlich! Manchmal muss man halt etwas heucheln, um an Jobs zu kommen. Lern das jetzt mal! Das gehört dazu! Sie nicht so zimperlich!““
Ich habe lange über meinen inneren Widerstand nachgedacht. Über meinen Stolz und darüber, dass ich noch nie gut darin war, weil man mir das sofort ansieht, wenn ich heuchle. Das macht mich weder zum besseren Menschen noch zur besseren Schauspielerin. Es ist einfach eine fehlende Begabung in dem Köcher dieser für diesen Beruf wichtigen Talente.

Heucheln – dieses eine kleine Wort hat mich lange total blockiert. Wie wär’s wenn ich dieses eine Wort, über welches ich kontinuierlich stolpere, mit einem anderen ersetzte? Und meinen Berufsstand in meiner Vorstellung kurz mit einem Anderen austauschte? Ein Schreiner sagt auch nicht: „Was ist das denn für eine hässliche, langweilige und altbackene Küche? DAFÜR soll ich kreativ sein und ein neues Möbel gestalten? Und reparieren tue ich schon grad gar nichts hier. Da werde ich ja krank davon. So kann ich nicht arbeiten!“ Nein, der denkt sich seinen Teil und schreibt eine Offerte.

Oder der Chirurg: „Meniskus – bitte, das ist eine viel zu banale Aufgabe für mich. Für so eine Lappalie betrete ich den OPs erst gar nicht.“ Nein, er operiert und witzelt derweil mit dem Team. Die Liste der Beispiele ist endlos und die Übung ist ziemlich entertaining. Seitdem geht es besser.

Die 10 Gebote des Netzwerkens:

Du sollst raus aus der Komfortzone
Du sollst hinweisen auf eigene aktuelle Arbeiten und dazu einladen
Du sollst deine Multiplikatoren nutzen
Du sollst in Kontakt treten mit den Menschen, deren Arbeit dich interessiert
Du sollst Nachhaken
Du sollst Nachhaken
Du sollst Nachhaken
Du sollst Nachhaken
Du sollst Nachhaken
Du sollst Nachhaken

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