« … als sei es nur ein Hobby!»
Welche Hürden birgt die Karriere als Schauspieler*in? Was hätte man gerne schon am Anfang der Karriere gewusst? Worüber nervt man sich im Beruf am meisten? Wir haben nachgefragt.
Wie hart ist die Schauspielkarriere in der Schweiz wirklich? ENSEMBLE wollte sich ein Bild des Schauspielberufes in der Schweiz machen und hat deshalb in den letzten Monaten Statements von Darsteller*innen und Berufsaussteiger*innen gesammelt. Hier werden wir in Zukunft regelmässig Ansichten, Sorgen und Kritiken aus diesen Statements veröffentlichen. Wir haben alle Personen anonymisiert, um Betroffene, Kritisierte und das Umfeld zu schützen.
Carla B.* – Theater und Film
«Die fehlende Anerkennung nervt mich noch immer. Ich meine damit nicht den fehlenden Applaus nach einer Vorstellung, sondern die gesellschaftliche Anerkennung. Ich habe gleich lange studiert wie mein Bruder, wahrscheinlich sehr viel fleissiger. Aber bei mir reagieren die Leute immer, als würde ich mich selbst verwirklichen, als sei Schauspielerei eine Art Hobby, während der technische Job meines Bruders als echter Beruf gilt.»
Andreas F.* – Theater
«Seit wir ein Kind haben, liegt die Karriere auf Eis. Meine Frau arbeitet 60 Prozent in einem Kulturbetrieb, ich habe eine Teilzeitstelle in einer Agentur. Trotzdem reicht die Zeit nicht, um nebenbei für eine Aufführung zu proben. Im Zweifelsfalle gewinnt der Brotjob, da wir ja die Verantwortung für die Familie tragen. Natürlich sagt man sich, dass sich das wieder ändert, wenn die Kinder grösser werden. Aber stimmt das wirklich?»
Consuela T. * – Tanz
«Niemand hat uns damals auf die Konkurrenz vorbereitet. Als kleines Mädchen liebte ich einfach den Tanz. In der Ausbildung wurde es dann schon sehr hart, die Anforderungen, der psychische und körperliche Druck. Uns wurde stark vermittelt, dass wir nicht trainieren, um gut zu sein, sondern um besser zu sein als die Tänzerin neben dir. Das hat sich durch meine ganze Karriere gezogen. Es gab zwar immer Momente der Solidarität im Ensemble, aber am Ende tanzten wir gegeneinander, um weiter engagiert zu werden. Ich hoffe, dass sich das heute geändert hat.»
Nevra I. * – Theater und Film
«Ich war mit 25 schwanger. Und mein Umfeld empfahl mir, mein Kind bei den Castings zu verschweigen. Das würde als Problem gesehen. Und ehrlich, es war auch ein Problem, vor allem auf der Bühne. Die Aufführungen fanden ja abends statt, da gibt’s keine Kita und ein Babysitter kostet auch mehr, als man sich von einer Gage leisten kann. Ohne Unterstützung der Familie hätte ich aufgeben müssen.»
Doghan A. * – Film und Theater
«Nach dem Studium war ich total begeistert von meinem Beruf. Damals zählte die Leidenschaft mehr als die Bezahlung. Kein Wunder, damals hatten auch alle meine Freund*innen mit anderen Berufen kaum Geld. Jetzt, 15 Jahre später, haben diese Leute Familie, können sich auch mal Ferien leisten, während wir von einem prekären Engagement zum nächsten zittern und uns mit berufsfremden Jobs über Wasser halten. Natürlich ist die Leidenschaft noch da, aber inzwischen etwas gedämpft. Trotzdem würde ich nie etwas anderes sein wollen.»
Mit Herz
Diese Statements hören sich etwas düster an. Trotzdem haben alle Befragten angegeben, dass sie ihren Beruf lieben oder liebten. Auch Personen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Karriere in den Darstellenden Künsten aufgeben musste, wünschten sich, sie könnten wieder aktiv auf die Bühne oder vor die Kamera.
Wie geht es euch in eurer Realität als Darsteller*innen? Schreibt es in die Comments oder schickt eure Geschichte an reda@elarbi.ch
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