Film & Schauspiel: Frisst KI die Jobs weg?

Die Angst vor KI geht um in den Darstellenden Künsten. Sprecher*innen spüren bereits die Auswirkungen, Darsteller*innen und Autor*innen blicken ängstlich in die Zukunft. Was kann KI wirklich?

Wird die KI die Kunst automatisieren? Das ist die grosse Angst, die gerade Schauspieler*innen beschäftigt. Doch die meisten Leute haben kaum eine Vorstellung, wie künstliche Intelligenz wirklich funktioniert. Grundsätzlich kann man es so erklären: Ein Large Language Model, das sind die Systeme, die wir heute als „KI“ bezeichnen, sammelt Millionen von Inputs. Gibts man diesem System eine Aufgabe, errechnet sie das wahrscheinlichste Ergebnis aus all ihren Informationen. Das ist an sich keine „Intelligenz“, das ist nur glorifizierte Datenverarbeitung. Technisch ist sehr vieles möglich und die Entwicklung schreitet voran. Trotzdem fürchte ich mich nicht vor den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Weshalb?

Mittelmass statt Kreativität

Wenn eine LLM-KI alle Inputs auswertet, die beste Variante errechnet und dann eine Arbeit abliefert, ist das Ergebnis immer Mittelmass. Ein Brei aus Bestehendem ohne Innovation oder Überraschung. Dazu kommt, dass die KIs immer die Lösung anbieten, die am wenigsten Kontroverse auslöst. Sonst wären sie nicht für ein breites Publikum einsetzbar: die angenehmste Stimme, die ausgeglichensten Gesichtszüge, die langweiligste Story. KIs sind nicht geschaffen, um Menschen aufzuregen.

Nehmen wir als Beispiel eine Textaufgabe: Eine KI kann grossartig Marketing-Newsletter schreiben. Texte, die keine Seele oder Tiefe brauchen und die grundsätzlich schon langweilig sind. KI kann auch Drehbücher schreiben. Nur sind die Geschichten in diesen Drehbüchern dann eben auch mittelmässig, weil sie aus den wahrscheinlichsten Storylines bestehen. Klar, bei all den Remakes in Hollywood wird das kaum jemand merken. Für Kreativität braucht es ein gewisses Mass an Wahnsinn.

Dasselbe gilt für Sprecher*innen-Jobs. Eine KI kann Informationen vermitteln, wenn im gesprochenen Text keine Emotionen gebraucht werden. Zeitungsartikel vorlesen. Sogar für gewisse Synchronisationen gehts. Aber es funktioniert nicht mehr wirklich, wenn der gesprochene Text eine gewisse Atmosphäre braucht. In erster Linie, weil KIs nicht wissen, wie sie mit einer einzigen Betonung die Bedeutung von Inhalten verändern können. KIs haben weder Seele noch Trauma, das man benötigt, um Gesprochenes mit den passenden Emotionen zu füllen. Hört euch zum Beispiel mal eine Lesung von Harry Rowohlt an.
(Weiter nach dem Video).

Harry Rowohlt liest

Sichere Bühne

Auf der sicheren Seite sind alle Live-Darbietungen. Keine KI kann auf einer Theaterbühne eine Beziehung zum Publikum aufbauen, keine KI kann einen Chor ersetzen. Wo immer das Handwerk der Darstellenden Künsten unmittelbar erfahrbar ist, wird künstliche Intelligenz, oder LLMs, noch auf viele Jahre hin unzulänglich bleiben. Kultur entsteht aus der Beziehung zwischen Mensch und Mensch. Alles andere ist ein Produkt.

Wird es weniger Jobs geben? Ja, die KIs werden die kleinen Jobs, die langweiligen Jobs übernehmen. Das ist schmerzhaft, weil viele Sprecher*innen und Texter*innen mit diesen Jobs ihre Miete bezahlen. Auf der anderen Seite wird eine Entwicklung kommen, die wir oft nicht bedenken: Die Jobs, die nicht von KIs erledigt werden können, gewinnen an Wert.

KIs an die Macht!

In vielen Führungsetagen der Wirtschaft herrscht eine gewisse KI-Euphorie. Alles ist KI, muss KI sein, auch wenn es nicht den geringsten Sinn ergibt. Was den leitenden Köpfen, den CEOs und Managern, nicht bewusst ist, und wo sie sicher noch überrascht sein werden: Die Bereiche, die KIs besser beherrschen als Menschen sind Organisation und Management. Da muss man aufgrund von grossen Datenmengen die beste Entscheidung treffen. Das ist das, was Manager und CEOs tun.

Für uns wird sich also in Zukunft weniger die Frage stellen: Kann eine KI meinen Job stehlen? Sondern: bin ich bereit, für eine KI zu arbeiten?

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