Pay-to-play: Versteckte Kosten in der Schauspielerei
Talent, Fleiss und Leidenschaft reichen in der Schweiz nicht immer, um als Darsteller*in erfolgreich zu sein – oft kostet es auch Geld. Für Chancen, Sichtbarkeit und Vernetzung. Corinne Solands Gedanken zum Thema.
Von Corinne Soland
Im Zusammenhang mit einem Projekt bin ich über das Prinzip Pay-to-play gestolpert. Doch was ist Pay-to-play? Diejenigen unter euch, die Handy-Games spielen, kennen das: Man kann bis auf ein bestimmtes Level kostenlos spielen, kommt dann aber nur weiter, wenn man in der App ein Upgrade bezahlt. Diesem Mechanismus begegnet man als Darsteller*in auch in der eigenen Karriere.
Bezahlen, um auf die Bühne zu kommen
Oftmals ist es so, dass sich Künstler*innen und/oder deren Kompanien bei Gastspielstätten einmieten müssen, um auf deren Bühnen zu spielen. Ein erarbeitetes Stück mehrmals spielen zu können, ist demnach davon abhängig, ob die Künstler*innen genügend Vereinskapital haben oder finanzielle Unterstützung dafür erhalten. Meist sind die Voraussetzungen, Tournee-Förderung zu beantragen, jedoch stark eingrenzend und schliessen diverse Kunstsparten oder Kunstschaffende aus (beispielsweise müssen meistens mindestens 3 Vorstellungen schon gespielt worden sein, teilweise gelten diese Vorstellungen auch nur, wenn sie an renommierten Häusern gespielt wurden etc.).
Künstler*innen müssen es sich also leisten können, auf Tournee zu gehen. Das bedeutet im tragischsten Falle, dass 4-6 Wochen geprobt und ein Stück erarbeitet wird, um 2 Vorstellungen davon vor Publikum zu spielen und das Material und Aufwand auf Nimmerwiedersehen in einer metaphorischen Kartonbox zu verstauen. Hier im wörtlichen Sinne: Ohne Kohle keine Bühne – Pay-to-play.
Bezahlen für die eigene Sichtbarkeit
Wer wird gecastet? Darsteller*innen, die man sieht. Und diese Sichtbarkeit ist nicht kostenlos. Es braucht Aufwand und Geld, um in der Branche wahrgenommen zu werden – über Mitgliedschaften bei Online-Plattformen oder eine zeitintensive und natürlich unbezahlte Social Media-Präsenz. Weiterbildungen bieten Möglichkeiten zur Vernetzung, bedeuten aber einen zusätzlichen Griff ins Portemonnaie.
Dadurch, dass Erfahrung am Set nur bedingt sammelbar ist, werden Workshops und Intensiv-Weiterbildungen attraktiver, oftmals auch, weil sie Demoreel-Material als Resultat versprechen. Auch hier: nur gegen Bares. Menschen, die sich diese Kurse und Demoreels leisten können, werden sichtbar, während andere Spielende unsichtbar bleiben.
Wie geht es euch damit? Habt ihr weitere Beispiele? Findet ihr meine Gedanken übertrieben? Mich würde interessieren, wie ihr das erlebt.
Corinne Soland schreibt im ENSEMBLE zum Leben in einer als Darsteller*in im 21. Jahrhundert. Corinne spielt “Anna” in Neumatt, “Isabelle” in Monsieur Claude und seine Töchter (Bernhard Theater), “Emma” im VR Game Amazing Monster! und spricht als “Jimmy” und “Dimitri” im Guetnachtgschichtli. Corinne lebt in Basel und unterrichtet Motion Capture Schauspiel an interessierte Spielende.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!