ZH-Kulturförderung: «Auch schmerzhafte Momente»
Was ist ein gutes Gesuch? Welcher Logik gehorcht das neue Förderwesen für Tanz und Theater in der Stadt Zürich? Welche Möglichkeiten habe ich noch, wenn mein Antrag abgelehnt wird? Ein Besuch bei der Förderstelle im ehrwürdigen Stadthaus gibt Auskunft.
Von Seraina Kobler
Fast alle Kunstschaffenden können ein Lied davon singen: Die Unsicherheit, nicht zu wissen, was in ein paar Monaten kommt. Manchmal noch nicht einmal, wie die nächste Miete gezahlt werden soll. Und dann geht es plötzlich wieder, neue Engagements kommen. Und mit ihnen neue Energie und Leidenschaft zum Beruf, bis sich wieder die Lücke auftut. Ganz zu schweigen von der permanent schwelenden Lücke in der Altersvorsorge, bei den Sozialwerken.
Was für eine Erleichterung wäre es, sich einmal längere Zeit, vielleicht zwei bis vier Jahre, einem finanzierten Projekt widmen zu können. Welche Freiheit in der Kunst würde das geben …
Doch leider ist auch ein grosszügig ausgestattetes Förderwesen, wie etwa jenes der Stadt Zürich, nicht für alle ausreichend, die ihren Lebensunterhalt mit Kunst verdienen. Wer schon ein paar Mal ein Gesuch eingegeben hat, das abgelehnt wurde, weiss um die deprimierende Phase danach, die Hoffnungslosigkeit und Zweifel, die einen noch über Wochen blockieren können.
Weg von der reinen Produktionslogik
Seit diesem Jahr hat die Stadt Zürich ein neues Fördersystem für die Bereiche Tanz und Theater. Voraus ging ein längerer Beteiligungsprozess, bei dem die freie Szene, Expert:innen und Bühnenschaffende ihre Sicht einbringen konnten. Entstanden sind Neuerungen, die sich so zusammenfassen lassen: Weg von der reinen Produktionslogistik, hin zu einer personenbezogenen Förderung.
Eigentlich sollten es nur ein paar Fragen an die Förderstelle werden, doch diese lud kurzerhand zum Gespräch ins Stadthaus, den imposanten Arkaden entlang in einem der oberen Geschosse, wo sich die Büros befinden. «Unser Ziel war auch, mehr Durchlässigkeit zu schaffen», sagt Michael Rüegg, Leiter Ressort Tanz und Theater. «Wir wollten möglichst viele Andockpunkte schaffen».
So habe nun etwa eine einzelne Tanz- oder Theaterschaffende, die keine Mehrjahreseingabe gut gesprochen bekommen habe, nun die Möglichkeit, direkt bei den Häusern unterzukommen. Diese verfügen neu über eigene Produktionsmittel, die sie unabhängig von einer Kommission direkt vergeben können. So sei es möglich, trotzdem weiter zu arbeiten. Und natürlich bestehe dann die Möglichkeit, alle zwei Jahre erneut eine Mehrjahreseingabe zu stellen. Zusätzlich können die Tanz- und Theaterschaffenden Projektbeiträge oder Mittel für den Aufbau von Gruppen im Bereich der Darstellenden Künste für Kinder und Jugendliche beantragen.
«Natürlich bleibt es letztendlich immer eine Selektion, so hat die Förderung schon immer funktioniert», sagt Rüegg. Gewisse prekäre Arbeitszusammenhänge liessen sich zwar auch so nicht aus der Welt schaffen. Und eine Kulturförderung könne ein funktionierendes Sozialsystem nicht ersetzen. «Es wird immer schmerzhafte Momente geben, das wissen wir auch. Dennoch wird versucht, all den Dossiers gerecht zu werden und zu schauen, wie man dieser Landschaft und ihrer Vielfalt entsprechen kann.»
Ein gutes Gesuch hat viele Gesichter
Was ein gutes Gesuch sei, darüber lasse sich keine einzelne Aussage machen. Es gebe keine spezielle, bevorzugte Ästhetik. Und die zuständige Jury für die Konzeptförderung, die in einem mehrjährigen Turnus amtet und deren Amtszeit auf 8 Jahre beschränkt ist, urteilt nach den städtischen Richtlinien wie Qualität, Originalität, Entwicklungsansatz, Ausstrahlung, Realisierbarkeit, Vernetzung und Vielfalt. «Neben diesen Aspekten ist es wichtig, dass man das Anliegen spürt», fügt Rüegg an. Ausserdem sei es für Newcomer ratsam, zu Beginn der Laufbahn in Zusammenarbeit mit einem Haus einzureichen.
Unterstützung finde sich auch bei Angeboten wie dem artFAQ im Kulturmarkt in Zürich. Dort werden Wissen und Erfahrungen aus den Bereichen Tanz, Theater und Performances gebündelt und weitergegeben.
Stete Weiterentwicklung gefragt, alleine und/oder im Kollektiv
Klappe es doch mit einem Gesuch, dann hätten die Beteiligten Planungssicherheit und können sich den künstlerischen Vorhaben, im besten Fall, über mehrere Jahre hindurch widmen. Es wird geschätzt, dass so auch Arbeitsschritte, die früher unbezahlt erfolgen mussten, zumindest über einen gewissen Zeitraum gedeckt seien.
In der personenbezogenen Förderung finde die Entwicklung hin zur Biografie statt, wobei auch stete Weiterentwicklung gefragt sei, auch in Zusammenarbeit oder unter dem Dach der Institutionen und Häuser. Bei Fragen zu einer Eingabe empfiehlt es sich, frühzeitig Kontakt aufzunehmen: «Dann kann man uns auch immer anrufen und sich erkundigen», sagt Rüegg. Da brauche es keine falsche Hemmschwelle. «Wir sind da, um wo immer möglich Auskunft zu geben.»
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