Zürcher Kultur geht Pleite
Mehrere Zürcher Kulturinstitutionen stehen finanziell am Abgrund, wie eine Tagesanzeiger-Recherche zeigt. Es ist Zeit für mehr Subventionen.
Dem Kunsthaus geht das Geld aus, ebenso schwierig ist die Lage für Schauspielhaus und Pfauen. Auch die Tonhalle musste in der letzten Spielzeit Verluste verbuchen, mehr als selbst in der Pandemie-Saison 21/22.
170 Millionen Franken sind nicht einmal 2 Prozent des gesamten städtischen Aufwandes
„Ohne Subventionen kann kaum eine Zürcher Kultureinrichtungen überleben. Selbst der Zoo, die am meisten besuchte Freizeit- und Bildungsinstitution der Schweiz, bekommt jährlich fast 7 Millionen Franken von Stadt und Kanton Zürich, was rund 10 Prozent der Einnahmen im Zoo Zürich entspricht.
Total gibt die Stadt Zürich jedes Jahr fast 170 Millionen Franken für Kultur aus, Tendenz steigend. Allerdings ist dieses Kostenwachstum nicht überdurchschnittlich in Zürich, und 170 Millionen Franken sind nicht einmal 2 Prozent des gesamten städtischen Aufwandes.“
FDP und SVP gegen Kultur
Der Zürcher Gemeinderat hat im April das Kulturleitbild 2024 bis 2027 gutgeheissen (74 Ja, 35 Nein, 8 Enthaltungen). Ein Leitbild, das die Kulturstadt sozial, ökologisch und wirtschaftlich weiterbringen soll.
Die SVP, die das Leitbild gemeinsam mit der FDP ablehnte, sah das etwas anders. Gemeinderat Stefan Urech sprach im Tagesanzeiger von einem «Leidbild», von einem «öden, linken Einheitsbrei» in der Kulturlandschaft, die nur «politisch belehren möchte». Das Publikum bleibe am Rand liegen, sagte er. «Es geht um Klima und Nachhaltigkeit – ausser bei den Finanzen.»
Die Aussage ist lächerlich, wenn man bedenkt, dass das Opernhaus, nicht gerade bekannt für linksaktivistische Kultur, vom Kanton über 88 Millionen jährlich bekommt. Sogar der Zoo, auch keine Che-Guevarra-Brutstätte, erhält Geld aus den Subventionstöpfen. Es sieht eher so aus, als ob die rechten und bürgerlichen Parteien Geld nach Gesinnung verteilen wollten: Subventionen bekommt, wer ihren (politischen) Geschmack trifft.
Es braucht mehr!
Realität ist, dass viele Zürcher Kulturinstitutionen, allen voran die Theater, ihren Ensembles zum Teil prekäre Löhne zahlen. Der GAV deckt nur die Einstiegslöhne ab, was für Hochschulabgänger knapp ausreichend ist, aber niemals für die Gründung einer Familie reicht. Salva Leutenegger, Geschäftsführerin SzeneSchweiz: „Diese Häuser brauchen Subventionen, um endlich anständige Gagen zu zahlen. Auch wenn in der internen Verteilung durchaus Verschiebungen möglich sein sollten: Von überrissenen Regie-Vorstellungen hin zur monetären Wertschätzung der Künstler*innen.“
Als Kulturschaffender bin ich grundsätzlich für eine Subvention, kann aber den Aspekt verstehen, dass das Publikum „am Rand liegen bleibt“.
Regelmässig besuche ich z.B. Produktionen im Pfauen und muss häufig eingestehen, dass Stücke so „künstlerisch“ inszeniert werden, dass für Emotionen und Inspiration kaum Platz bleiben.
Den wenigen jungen Zuschauern, die meist der Schule wegen eine Inszenierung besuchen, wird gleich von Beginn weg die Freude am Theater genommen.
Da wundert es mich nicht, dass die Auslastung tief und überaltert ist (und Teile der politischen Landschaft diese Situation nicht unterstützen).
…werden erst seit den ‚freudlosen‘ Inszenierungen so schlechte Gagen und Löhne gezahlt???
Eine ziemlich reduzierte Sichtweise auf ein viel tiefsitzenderes Problem in der gesamten Kulturlandschaft!
Wohin fließt das grosse Kulturbudget in ZH eigentlich hin bzw. ab??