Minus 1.4 Millionen: Schauspielhaus unter Beschuss
Zuschauer*innenschwund und 1.4 Millionen Verlust – Bürgerliche geben „woken“ Inszenierungen die Schuld.
Weniger Sponsorenverträge, weniger Besucher*innen – das Schauspielhaus schliesst das Geschäftsjahr 22/23 mit einem Minus von 1.39 Millionen Franke ab, wie der Tagesanzeiger berichtet. Und das macht die Rechnung zum Zürcher Politikum.
3 Millionen Gewinn erwartet
«Das Publikumsaufkommen entsprach über die ganze Spielzeit hinweg nicht den Erwartungen», teilt die Schauspielhausleitung mit. Budgetiert waren 3 Millionen Franken Gewinn. Die beiden grossen Spielstätten Pfauen und Schiffbau-Halle seien mit 48 Prozent und 54 Prozent ungenügend ausgelastet gewesen. Auch die Bereiche Sponsoring und Fundraising konnten laut der Mitteilung das hohe Niveau der Vorjahre nicht halten und lagen mit Einnahmen von rund 1,45 Millionen unter den Erwartungen, teilt das Schauspielhaus weiter mit.
„Woke Aufführungen sind schuld“
«Die dramatischen Zahlen unterstreichen, dass die Sorgen der FDP völlig berechtigt waren», sagt Michael Schmid, FDP-Fraktionschef im Zürcher Gemeinderat, gegenüber dem Tagesanzeiger. Das Publikum laufe dem Schauspielhaus in Scharen davon, der Kurs der scheidenden Intendanz sei «komplett gescheitert». Es brauche einen radikalen Neuanfang.
SVP-Gemeinderat Stefan Urech behauptet, ein „linksideologisches Programm“ habe die treuen Abonnenten vertrieben (von Abonnentinnen spricht er nicht). SVP-Grünen-Gemeinderat Urs Riklin sieht das anders: Nacht der Pandemie hätte sich das ältere Publikum zurückgezogen und jüngere Besucher würden weniger Abonnemente kaufen, sondern sich eher spontan für eine Vorstellung entscheiden.
SP-Gemeinderätin Maya Kägi Götz erwähnt das veränderte Freizeitverhalten im gesamten Kulturbereich. Dass der Besucherrückgang auf das künstlerische Programm allein zurückzuführen sei, bezweifelt sie.
Projekte abgesetzt, Tänzerinnen entlassen
Das Schauspielhaus hat bereits Sparmassnahmen eingeleitet, unter anderem gilt ein Einstellungsstopp. So liegen die Personalkosten inflationsbereinigt rund eine halbe Million unter dem Vorjahr. Dazu beigetragen hat auch die Entlassung von mindestens zwei Ensemblemitgliedern im Bereich Tanz.
Weiter wurden verschiedene künstlerische Projekte gestrichen und nicht zwingend notwendige Investitionen verschoben. Mittelfristig müssten wieder «deutlich mehr zahlende Zuschauerinnen und Zuschauer» kommen, um den Betrieb finanziell zu stabilisieren, hält das Schauspielhaus fest.
Neue Intendanz, guter Mix
Das Schauspielhaus nimmt die Kritik aus dem bürgerlichen Lager ernst: „Wir möchten verhindern, dass die geglückte Verjüngung des Publikums zulasten des Publikums geht, welches das Schauspielhaus seit Jahren besucht», sagt Sprecherin Zora Schaad gegenüber dem Tagesanzeiger. Schon für die aktuell laufende Spielzeit habe die jetzige Intendanz einen Spielplan zusammengestellt, der auch jene Personen wieder vermehrt ansprechen möchte, die Sprechtheater, Klassikerinszenierungen und texttreue Umsetzungen bevorzugten.
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