«Künstliche Intelligenz wird nicht mehr verschwinden»

Niedrige Gagen, künstliche Intelligenz und die Zukunft der Zunft der darstellenden Künste waren die Hauptthemen am jährlichen ZFF-Apéro von SzeneSchweiz und SSFV. Doch die Aussichten sind gar nicht so trübe.

SzeneSchweiz-Präsident Matthias Albold stellte im Podium des Abends seinen zwei Gästen aus zwei unterschiedlichen Generationen Fragen zur Berufsrealität. Andrea Zogg, erfolgreicher Schweizer Schauspieler, der seine Karriere mit Tatort und Jenatsch begann, erzählte von Gagenverandlungen in den 1980ern.

Er empfahl seinen Kolleg*innen, auch mal hart zu bleiben und auf ein Projekt zu verzichten, falls die Produktion die Mindestgagen unterschreite. Im Publikum gabs Zustimmung, aber auch den Hinweis darauf, dass man leider die Miete zahlen müsse. Und dass Hundert andere Schauspieler*innen nur darauf warteten, den Job zu übernehmen, den man ablehne.

Corinne Soland sass als zweite Gäst*in im Podium und sprach über die Zukunft der darstellenden Künste. Corinne ist Schweizer Pionier*in im Bereich Motion Capture und künstliche Intelligenz in Film, Games und interaktiven Storytellingformen. Neben der Umsetzung im Berufsalltag unterrichtet Soland Schauspieler*innen in den neuen Techniken und forscht an der ZHdK im Bereich Schauspiel und Digitalität.

Dieser Zugang zur Thematik war erfrischend offen: Während sich die meisten der Kolleg*innen davor fürchten, von KI und anderen neuen Technologien ersetzt zu werden, versucht Corinne, die Möglichkeiten zu entdecken, die sich Schauspieler*innen mit fortschreitender Technologie eröffnen.

Nach Corinnes Ausführungen war allen im Saal klar: Egal, ob wir uns fürchten oder wehren – die Technologie ist bereits da, und sie wird nicht verschwinden. Im Gegenteil, sie wird täglich potenter und wir müssen uns anpassen, um Wege zu finden, Kreativität und Talent in die neuen Formen zu giessen.

Money, Money, Money ♫♫♫

Nach Ausflügen in die Welt der künstlichen Intelligenz fand die Diskussion aber schnell zu dem Thema zurück, das die Künstler*innen am meisten beschäftigte: Gagen und prekäre Arbeit. Nach der diesjährigen Lohnumfrage von  SzeneSchweiz – und auch nach den früheren Ergebnissen der SSFV-Erhebung – lebt ein Grossteil der Freischaffenden unter prekären Verhältnissen.

Doch die Verbände suchen nach Lösungen. Ursula Häberlin vom SSFV konnte von Erfolgen bei dem Ausarbeiten von Empfehlungen für den Bund berichten. Zum Beispiel, dass keine Halbtagesgagen mehr akzeptiert würden. Oder dass man ein Stufensystem nach Berufserfahrung für die Tagesentschädigungen anstrebe. Während Albold die Fortschritte der europäischen Verbände beleuchtete, strich Häberlin die Verantwortung des Bundes und der Subventionsgeber, keine prekären Arbeitsplätze zu unterstützen, heraus. Insgesamt seien wir auf einem guten Weg.

Beim Publikum war eine gewisse Skepsis zu spüren. Zwar freuten sich die Anwesenden über Fortschritte, zweifelten jedoch, dass die Ergebnisse zeitnah ihren Berufsalltag erreichen würden. Am Ende war man sich einig, dass man einfach weiterkämpfen müsse. Sogar das Wort Streik fiel, wenn auch eher sehnsüchtig, denn als echte Option. Man musste den deutschen Kollegen flüsternd erklären, warum man nicht indirekt gegen die Subventionsgeber streiken kann, und warum in einer föderalen, direkten Demokratie, in der es keinen eigentlichen Markt gibt, am Ende immer der Staat der Arbeitgeber ist.

Für viele Anwesende ergab sich die persönliche Spannung aus der Verwirklichung ihres Berufstraumes – auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen – und dem Anspruch, dafür auch fair entlohnt zu werden. Das romantsiche Cliché, dass Künstler*innen hungern müssten, wenn sie ihren Traum leben wollten, ist nicht ganz aus der Welt zu kriegen.

… und Glamour

Das Thema „Zürich Filmfestival“ schien an diesem Abend gar niemanden zu interessieren. Einzelne Besucher*innen trugen einen Batch des Festivals, gaben aber auf Nachfrage an, dass sie einfach die Filme sehen wollten. Als Branchenanlass war das ZFF verglichen mit Locarno oder Solothurn nie besonders stark. Schon immer war Glamour und Stars, an denen sich Wirtschaft und Politik reiben konnten, Kern des Festivals. Aber man muss zugeben, dass der Promi-Walk auf dem grünen Teppich der Branche etwas Glitzer verleiht, den man in der Schweiz sonst so nicht findet.

 

 

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