«Ich habe das Gefühl, dass unsere Kunst in Basel nicht mehr erwünscht ist»
Anstelle des Basler Musical Theaters soll künftig eine neue Schwimmhalle rücken. Eine Volksinitiative versucht, das noch abzuwenden.
Text & Bilder: Sarah Schaub
In Kürze:
- Eine Volksinitiative will verhindern, dass das Musical Theater Basel einem Hallenbad weichen muss.
- Die nötigen Stimmen sind bereits gesammelt. Das Komitee wird die Initiative vermutlich im Herbst eingeben.
- Der Bau müsste ohnehin saniert werden, doch die geplante Umnutzung sorgt für rote Köpfe und spitze Kommentare.
Im Januar 2023 rollten sieben Sattelschlepper mit Bühnenmaterial der englischen Musical Produktion Cats in Basel ein. Es könnte eine der letzten grossen Tourneen gewesen sein, die hier Halt macht. Denn das Musical Theater soll einem neuen Hallenbad Platz machen, wenn es nach den Plänen der Regierung geht.
Doch das sorgt für Unmut in der Bevölkerung. Denn das Musical Theater ist in Basel der einzige Ort, der die Infrastruktur für das aufwändige Bühnenbild bietet. In der Deutschschweiz gibt es nur das Theater 11 in Zürich als Alternative.
Ausserdem ist der geplante Umbau aus Gegnersicht ökologisch nicht sinnvoll. Man solle ein Hallenbad in der Nähe einer Kunsteisbahn bauen, um Synergien zu nutzen. Drei Motionen wurden dazu schon im Grossen Rat eingereicht – und abgelehnt.
Stimmen bereits gesammelt
Jetzt soll eine Volksinitiative den Bau des 50-Meter-Beckens abwenden. Das Komitee spricht sich für den Erhalt des Musical Theaters am hiesigen und den Neubau eines Hallenbades an einem anderen Standort aus. Die nötigen 3000 Unterschriften waren laut Toni Kleimann, Ansprechperson des Initiativkomitees, bereits nach drei Monaten gesammelt. Man gedenke, die Initiative diesen Herbst einzureichen.
Parallel dazu prüft die Regierung verschiedene Optionen. Im Sommer soll der Regierungsrat einen Bericht dazu mit den Ergebnissen verschiedener Machbarkeitsstudien an den Grossen Rat weitergeben.
Klar ist: Das Gebäude an der Feldbergstrasse 151 muss für viele Millionen Franken saniert werden. Es stammt aus dem Jahr 1958. Das Musical Theater wurde 1995 nachträglich eingebaut und ab 1998 von der Firma Freddy Burger Management (FBM) betrieben. Das Gebäude war zu dieser Zeit im Besitz der MCH Gruppe, befand sich aber im Baurecht. 2020 nahm es der Kanton zurück und verlängerte den Vertrag mit FBM ab 2024 nicht mehr.
Das Musical Theater bezieht im Gegensatz zu anderen Institutionen keine Subventionen.
Mittel ungerecht verteilt
Aber warum nicht das Geld in die Sanierung stecken, das Schwimmbad woanders bauen und Musical Theater erhalten? The Lion King allein zog im Jahr 2015 ein Publikum von 300’000 Menschen an, schreibt Basel Tourismus auf Anfrage. Kommt hinzu: Das Musical Theater bezieht im Gegensatz zu anderen Institutionen keine Subventionen. Für das Theater Basel etwa sind allein von Januar bis Juli 2023 rund 27 Millionen Franken budgetiert. Zum Vergleich: Das Basler Vorstadttheater erhält 500’000 Franken fürs ganze Jahr.
«Ausdruck der Politik, die sogenannte Hochkultur auf den bildungsbürgerlichen Altar zu stellen»
Toni Kleinmann, Ansprechperson des Initiativkomitees
Toni Kleimann findet es «erschreckend, dass Links-Grün in Basel für die Zerstörung eines völlig intakten Theaters Hand bietet». Er sieht darin einen «Ausdruck der Politik, die sogenannte Hochkultur auf den bildungsbürgerlichen Altar zu stellen». Sein Sohn Lucca Kleimann ist selbst Musicaldarsteller. «Ich habe das Gefühl, dass unsere Kunst in Basel nicht mehr erwünscht ist», sagt er. Er habe kein Verständnis dafür, die einen zu unterstützen und den anderen die Grundlage zu entziehen.
«Sport und Kultur werden einander gegenübergestellt und das ist nicht gut»
SP-Politiker Thomas Gander über den Konflikt
Bereits letzten Sommer fragte Bajour-Chefredaktorin Andrea Fopp: «Ist sich die Regierung zu fein für Cats?». Für SP-Politiker Thomas Gander verläuft die Konfliktlinie jedoch anderorts. «Sport und Kultur werden einander gegenübergestellt und das ist nicht gut», zitierte ihn die BZ Basel. Das verneint das Initiativkomitee vehement. Sie stünden bereits mit den Schwimmbad-Befürwortenden in Kontakt, um einen geeigneten anderen Standort zu finden.
So oder so: Für die Schweizer Musicalszene bleibt zu hoffen, dass die Initiative Erfolg hat und das Theater an seinem heutigen Platz bleiben darf.
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