Kulturwandel am Opernhaus Zürich
Statement zum Kulturwandel von Robert Weybora, Personalrat für das Bühnenpersonal am Opernhaus Zürich.
„Unser Kulturwandel – wir sprechen auch von unseren Kulturwandelprojekten – ist die Folge einer umfassenden Mitarbeitendenbefragung, die zu Beginn 2021 stattgefunden hat. Aus der Umfrage ging einerseits hervor, dass die Zufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen sehr hoch ist und andererseits die Identifikation mit unserem Opernhaus sehr gross ist. Daneben offenbarten sich aber auch Probleme, die unter anderem aus der hohen Schlagzahl herrühren, die wir hier am Opernhaus fahren. Es bleibt dabei kaum Zeit innezuhalten und über uns nachzudenken. Die Kulturwandelprojekte sollen das ermöglichen.
Der Personalrat hat die Kulturwandelprojekte gemeinsam mit Mitgliedern der Opernhausdirektion und natürlich unter professioneller Beratung entwickelt.
Alle Projekte werden in Arbeitsgemeinschaften (kurz: AGs) besprochen und erarbeitet. Diese sind für alle Mitarbeitenden offen und finden regen Zuspruch. Am Opernhaus haben wir einen Personalrat bestehend aus 5 Mitgliedern, von denen jedes Mitglied einen bestimmten Teilbereich vertritt (Ich bin der Personalrat für das Ballett/Chor/Solo). Der Personalrat hat die Kulturwandelprojekte gemeinsam mit Mitgliedern der Opernhausdirektion und natürlich unter professioneller Beratung entwickelt. Seit die Projekte laufen, haben wir regelmässige Treffen mit der Direktion in denen der aktuelle Stand und die Entwicklung der Projekte gemeinsam beraten werden.
Es wurde schon viel bewegt, gleichzeitig wissen alle, dass wir noch lange nicht am Ende angelangt sind.
Das Vertrauen in den Kulturwandel und in die Projekte ist seitens des Personalrats und auch von Seiten der Direktion und vor allem von den Mitarbeitenden sehr hoch. Es wurde schon viel bewegt, gleichzeitig wissen alle, dass wir noch lange nicht am Ende angelangt sind. Einige Themen sind durchaus sensibel und es braucht gerade deshalb viel Vertrauen und auch Diskretion auf allen Seiten, damit es sich gut entwickeln kann. Wir sind darum besorgt, dass es unsere Interne Sache bleibt und sind übereingekommen, dass der Kulturwandel nicht zu PR-Zwecken verwendet wird und von uns Mitarbeitenden intern gehalten wird und nicht nach aussen getragen wird.
Von der Evaluation der Ansprüche bis hin zur Auswahl der Softwarelösung wurde alles partizipativ erarbeitet.
Das Ganze ist eine einzigartige Angelegenheit und ich verstehe das grosse Interesse an unserem Kulturwandel. Darum möchte ich hier Einblick in 2 Teilprojekte geben, die schon weit fortgeschritten sind.
Sämtliche Informationen, wie Probenpläne und Mitarbeitendeninfos gehen zeitgleich an alle Kolleginnen und Kollegen hinaus. Auch kann jede*r mit jedem über Abteilungsgrenzen und Hierarchiestufen hinweg kommunizieren.
Seit langem war am Opernhaus allen bewusst, dass wir eine interne Kommunikation mit zwei Geschwindigkeiten haben. Aus meinen Erfahrungen und aus Gesprächen mit Kolleg*innen, weiss ich auch, dass das in anderen Theatern auch so ist. Auf der einen Seite sind da Kolleginnen und Kollegen, die über eine Opernhaus-E-Mail Adresse verfügen und somit in allen Verteilern „drin“ sind und viele Informationen aus erster Hand erhalten. Auf der anderen Seite stehen die Mitarbeitenden ohne Opernhaus E-mail, die alle Information aus 2. Hand erhalten. Dabei blieb auch immer einmal etwas auf der Strecke oder verfing sich in den vielen parallelen Informationskanälen, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hatten. Zurecht fühlten sich diese Kolleginnen und Kollegen abgehängt. Das betraf besonders das gesamte szenische Personal, das Orchester und das technische Personal.
Personalrat und Direktion waren sich schnell einig, dass das durch ein umfassendes neu zu entwickelndes Intranet zu lösen wäre und so entstand eines der ersten Projekte des Kulturwandels. Eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitenden aus allen Abteilungen wurde gegründet und hat sich intensiv damit auseinandergesetzt. Von der Evaluation der Ansprüche bis hin zur Auswahl der Softwarelösung wurde alles partizipativ erarbeitet. Unser Intranet ist inzwischen online und kann auch als App aufs Natel geladen werden. Sämtliche Informationen, wie Probenpläne und Mitarbeitendeninfos gehen zeitgleich an alle Kolleginnen und Kollegen hinaus. Auch kann jede*r mit jedem über Abteilungsgrenzen und Hierarchiestufen hinweg kommunizieren.
Mehr als 70 Kolleginnen und Kollegen waren am Entstehungsprozess beteiligt. Das ist mit ein Grund dafür, dass die Akzeptanz des Codes in der Belegschaft bei fast 100% liegt.
Das ganze Projekt ist noch im Wachstum begriffen und jede Woche kommt etwas neues hinzu.
Das Projekt mit der gössten Mitarbeitendenbeteiligung ist unser Code of Conduct oder Verhaltenscodex. Mehr als 70 Kolleginnen und Kollegen waren am Entstehungsprozess beteiligt. Das ist mit ein Grund dafür, dass die Akzeptanz des Codes in der Belegschaft bei fast 100% liegt. Besonders wichtig ist uns auch, dass sämtliche Gäste den Code unterzeichnen müssen, bevor sie mit uns zusammenarbeiten. Damit wird sichergestellt, dass sich alle Beteiligten an einer Produktion der Leitplanken bewusst sind, die am Opernhaus gelten.
Für mich als Personalvertreter ist es sehr spannend an diesem Prozess beteiligt zu sein. Ich befinde mich in dem Spannungsfeld zwischen Mitarbeitenden und Direktion, was den Kern der Aufgabe eines Personalrats am Opernhaus darstellt. Natürlich ändert sich nicht alles von heute auf morgen aber es wurde und wird vieles angestossen und am Ende entscheiden die Kolleginnen und Kollegen darüber, ob die angestossenen Projekte mit Leben und Inhalt gefüllt werden.
Vita von Robert Weybora:
Ab 2010 als Gast engagiert ist der Bariton Robert Weybora seit 2012 festes Mitglied im Chor des Opernhauses. Seit 2021 ist er Personalrat für Ballett, Chor und Solo. Seit 2014 im Stiftungsrat der Pensionskasse amtiert Robert seit 2021 auch als Präsident des Stiftungsrates und des Ausschusses der PK. Als Notenwart koordiniert er gemeinsam mit der Bibliothek die Digitalisierung im musikalisch-künstlerischen Bereich.
Aufgewachsen in Österreich studierte Robert am Konservatorium der Stadt Wien und an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Robert Holl und Ralf Döring, wo er seine Ausbildung zum Opernsänger abschloss. Vor seinem Engagement am Opernhaus war Robert an verschiedenen Theatern als Solist und Chorsänger engagiert und war Mitglied im Chor der Bayreuther Festspiele.
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